Gentechnik im Obstbau
Gentechnikforschung am Institut für Obstzüchtung Dresden-Pillnitz:
Wie die Pillnitzer Wissenschaftler die Risiken der Gentechnik im Obstbau „kleinreden“
Hans-Joachim Bannier, Pomologen-Verein e.V., 8. August 2007
Die Gentechnik steht nun auch in der Obstzüchtung vor der Tür. Im Institut
für Züchtungsforschung in Dresden-Pillnitz wird schon seit einigen Jahren – von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet – schwerpunktmäßig zu
Fragen des Entwicklung gentechnisch veränderter Obstsorten geforscht. In Pillnitz sowie auch in Bad Lauchstädt bei Halle stehen bereits gentechnisch veränderte Apfelsorten in sog. „Freilandkäfigen“.
Wie sehr sich Pillnitz in der Gentechnik-Forschung profilieren möchte, wird daran deutlich, dass das Obst-Institut vom 1.-5.September 2008 einen
internationalen Kongress unter dem Titel "First International Symposium on Biotechnology of Fruit Species" zum Thema Gentechnik im Obstbau
ausrichtet (Informationen dazu sind bereist jetzt unter der Internet-Seite www.biotechfruit2008.bafz.de einzusehen).
2003 hatte Frau Prof. Hanke (Pillnitz) bereits einen Antrag auf Aussetzung von
Obstgehölzen in Pillnitz gestellt. Dieser wurde allerdings – nach zahlreichen Einsprüchen dagegen, u.a. auch vom Pomologen-Verein e.V. – vom
Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (unter Ministerin Künast) seinerzeit zunächst abgelehnt.
Die Forschungen zur Gentechnik gingen jedoch dessen ungeachtet in Pillnitz weiter. Ihre Zwischenergebnisse sind inzwischen in der Publikation
„Forschungsreport 1/2006“ des Bundesministeriums für Forschung und Technologie unter dem Titel „Welche Risiken sind beim Anbau von gentechnisch
veränderten Apfelbäumen zu erwarten“ erschienen. Autoren des Berichts sind Frau Prof. Dr. Viola Hanke sowie Dr. Henryk Flachowsky.
Pillnitzer Risiko-Betrachtungen
Zwar wird immer wieder betont, dass bei den Forschungen zur Gentechnik auch Sicherheitsfragen bzw. Fragen bezüglich der Risiken der Gentechnik erforscht
würden. Verfolgt man allerdings die bisherigen öffentlichen Äußerungen von Prof. Viola Hanke und Dr. Henryk Flachowsky und insbesondere ihre Schlussfolgerungen bezüglich der Risiken des Einsatzes von GVO in der
Obstzüchtung, so zeugen diese von einer beängstigend eingeengten wissenschaftlichen Blickwinkel, wenn es um die strittige Frage geht, inwieweit
sich eine unkontrollierte Ausbreitung von GVO bei einem Anbau gentechnisch veränderter Apfelbäume verhindern lässt.
In ihrer Auffassung, dass der Aufwuchs von GVO-Samen innerhalb bewirtschafteter Erwerbsobst-Anlagen eher unwahrscheinlich ist, kann man den
Pillnitzer Wissenschaftlern noch folgen. Schließlich werden die Grünstreifen zwischen den Baumreihen regelmäßig gemäht, sodass hier gentechnisch
verändertes Erbgut in Form von Samen wohl nur selten zu (später blühenden) Pflanzen heranwachsen wird.
Was aber passiert, wenn Bienen die Apfelbäume in der Umgebung von GVO-Obstanlagen mit dem Pollen der gentechnisch manipulierten Apfelsorten
befruchten oder wenn Vögel die mit den Früchten in der Anlage anfallenden GVO-Samen in die Umgebung tragen?
Spekulation statt Wissenschaft !
Zwar konstatieren Hanke und Flachowsky, dass eine Ausbreitung von GVO-Pollen (durch Bienen) aus der bewirtschafteten Obstanlage heraus in
benachbarte Obstbestände durch Mantelpflanzungen um die Obstanlage lediglich verringert, aber nie ganz verhindert werden könne. Sie räumen auch
ein, dass Vögel die Samen gentechnisch veränderter Apfelbäume (und damit gentechnisch manipuliertes Erbgut) in die Streuobstbestände der Umgebung tragen können.
Dennoch erklären sie anschließend das damit verbundene Ausbreitungsrisiko von GVO-Samen für vernachlässigbar: Denn aus den durch Befruchtung
entstehenden (bzw. den durch Vögel verbreiteten) Samen – so Hanke und Flachowsky – könnten keine neuen Apfelbäume entstehen, weil "Apfelbäume in
unserer genutzten Kulturlandschaft kaum Aufwuchsmöglichkeiten haben".
Hier haben Hanke und Flachowski das Feld wissenschaftlicher Untersuchung verlassen und üben sich in reiner Spekulation. Denn ihre Behauptung, „in
unserer genutzten Kulturlandschaft“ hätten „Apfelbäume keine Aufwuchsmöglichkeit“, ist vollkommen realitäts- und lebensfremd. Wie
realitätsfremd, davon kann sich jeder überzeugen, der sich in den deutschen Obstanbaugebieten zur Zeit der Obstblüte in unserer „genutzten
Kulturlandschaft“ umsieht: An Böschungen, Straßenrändern und sonstigen nicht intensiv genutzten Flächen findet man in großer Zahl diese unkontrolliert
aufgewachsenen Apfel-Zufallssämlinge. Auch private Gärtner haben zu allen Zeiten gelegentlich die Zufallsprodukte befruchteter Apfelsamen in ihren Gärten
aufwachsen lassen (so sind seit Jahrhunderten neue Apfelsorten entstanden!).
Die Obstsortenkenner des Pomologen-Vereins können ein Lied davon singen, wenn sie auf Apfeltagen und ähnlichen Veranstaltungen solche Zufallssämlinge
zur Sortenbestimmung vorgelegt bekommen. Häufig ergibt sich erst aus entsprechenden Nachfragen, dass es sich bei den nicht bestimmbaren Proben
um Früchte von solchen unveredelten, in der offenen Feldflur gefundenen Obstgebüschen handelt. Für das geübte Auge ist nicht selten auch die aus dem
Plantagenanbau stammende Muttersorte (etwa Golden Delicious, Gala, Jonagold o.a.) aus der mitgebrachten Apfelprobe noch zu erahnen.
Künftig könnten solche Zufalls-Sämlinge dann immer öfter mit GVO verseucht sein!
Frau Prof. Hanke dagegen erklärt öffentlich: „Die Entstehung von Sämlingen in bewirtschafteten Obstanlagen und Kleingärten (!!!) kommt nicht vor.“ (Hanke,
2003)
Einfach „vergessen“: Das Ausbreitungs-Risiko von GVO-Erbgut durch die Samen der für den Markt produzierten Äpfel !
Noch viel gravierender – und im Sinne gründlicher wissenschaftlicher Methodik geradezu skandalös – ist der Umstand, dass Frau Dr. Hanke und
Herr Flachowsky bei der Beurteilung des Ausbreitungsrisikos von GVO im Obstbau ihren Focus ausschließlich auf die bewirtschaftete Obstanlage richten.
Völlig außen vor bleibt in ihren Risiko-Betrachtungen die Tatsache, dass die gentechnisch veränderten Äpfel selbst in viel größerem und völlig
unkontrollierbarem Ausmaß das GVO- Erbgut in die Welt tragen werden, wenn sie denn jemals für den Markt produziert werden sollten, d.h. im Supermarkt und in unserer Küche landen (aber genau dafür wird ja alle
Grundlagenforschung zur Gentechnik betrieben!).
Sind die gentechnisch veränderten Apfelsorten erst einmal auf dem Markt, haben wir Milliarden von gentechnisch veränderten Samen, die von den
Käufern der Äpfel nach dem Verzehr des Apfels auf den Kompost, an den Straßenrand oder sonstwohin ausgespuckt oder weggeworfen werden. Weitere Milliarden von GVO-Samen werden (mit den von den
Plantagenbesitzern an die Mostereien gelieferten B-Waren-Äpfeln) im Trester der Mostereien landen, der wiederum in die Landschaft gekippt,
ans Vieh verfüttert, zur Anzucht vermeintlicher "Wildapfel"-Mischungen herangezogen wird etc.
Schon heute stehen an Autobahn-Parkplätzen, an Landstraßen und Wegen
ungezählte solcher "wild" aufgelaufenen – aus weggeworfenen Äpfeln bzw. ausgespuckten Kernen entstandenen – Zufallssämlinge. Allein auf einem
Streckenabschnitt von rund 50 Kilometern an den Autobahnen A7 und A 44 im Raum Kassel / Paderborn habe ich im Frühjahr 2007 – zur Zeit der Obstblüte –
auf Anhieb rund 25-30 solcher Apfelgebüsche gezählt. Ähnliches ist an Landstraßen und Eisenbahnlinien, an Wanderwegen und touristischen
Attraktionen heute jederzeit dokumentierbar (an der Burgruine Hohenstaufen bei Göppingen/Baden-Württemberg zählte ich im Frühsommer allein fünf solcher
Apfelgebüsche). In Zukunft würden solche – aus weggespuckten Kernen entstandenen – Apfelgebüsche dann gentechnisch verändertes Erbgut enthalten und dieses über die Bestäubung weiter verbreiten.
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Zu den hier geschilderten Ausbreitungswegen kommen weitere: Zu allen Zeiten
haben sich Obstliebhaber in den Obstanlagen der Institute interessante neue Sorten als Reis mit nach Hause genommen, sei es erlaubterweise, sei es „unter der Hand“.
Das gleiche kommt auch vor in den Obstanlagen der Erwerbsobstbauern: Dort nehmen sich nicht nur Besucher Reiser mit, sondern auch die zahlreichen
Erntehelfer aus Polen, Rumänien, der Slowakei oder anderen sog. Billiglohnländern. Die tragen dann das transgene Erbgut (oftmals ohne es zu
wissen!) in alle Welt; da gibt es dann keine 100-Meter-Abstände und "Schutzpflanzungen" mehr um den gentechnisch veränderten Apfelbäume !
Will man - wenn solche Apfelsorten erst auf dem Markt sind - eine unkontrollierte Ausbreitung des Erbguts dann noch verhindern, bräuchte man
den totalen Überwachungsstaat (was nicht ernsthaft zu wünschen ist). In der Praxis würde es eher darauf hinauslaufen, dass alle am Ende resignieren, weil
eine Ausbreitung der GVOs ohnehin nicht mehr verhindert werden könne.
Alle die hier genannten Ausbreitungswege der GVO-Organismen sind in den öffentlichen Risiko-Betrachtungen von Frau Prof. Hanke und Herrn
Flachowsky schlicht nicht existent.
Naivität? Fahrlässigkeit? Oder vielleicht die Hoffnung, dass auf diesem Wege immer noch weitere Forschungsgelder für das Institut
herausspringen?
Forscher liefern gewünschte Ergebnisse – ein verhängnisvoller Kreislauf
Zu befürchten ist, dass auf diese Weise ein verhängnisvoller selbsterfüllender Kreislauf entsteht, der so skizziert werden kann:
- Die Politik signalisiert den Forschern, dass es für Forschungen der
„Zukunftsbranche Gentechnik“ jederzeit Forschungsgelder gibt (während der Staat für die klassische Züchtung – z.B. um verbesserte
Pflanzenresistenzen im Obstbau zu erzielen – immer weniger Geld zur Verfügung stellt).
- Die Wissenschaftler forschen zur Gentechnik, stellen aber alle kritischen
Punkte, welche die Gentechnik infrage stellen würden, nur sehr vage dar („nach menschlichem Ermessen“, „nach heutigem Wissensstand“,
„unwahrscheinlich“, „nahezu ausgeschlossen“, o.ä.).
- Bis diese Aussagen der Wissenschaftler dann wieder bei den beschließenden Politikern ankommen (die letztlich nur hören wollen, was
am Ende herauskommt: also ein ‚Ja’ oder ein ‚Nein’), haben sie vorher die Schreibtische von Ministerialbeamten durchlaufen, wo aus den ‚Vielleichts’
ein ‚Wahrscheinlich’, aus dem ‚Nahezu ausgeschlossen’ ein ‚Ausgeschlossen’ wurde. [Als ich vor einigen Monaten den Bielefelder SPD
-Abgeordneten Dr. Rainer Wend, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, auf einer Veranstaltung fragte, warum er sich öffentlich für
„mehr Forschungsfreiheit für die Gentechnik“ eingesetzt habe, erklärte er, seine Informanten aus den Ministerien hätten ihm klar signalisiert, dass
mit der Gentechnik keine Gefahren verbunden seien. Er – Wend – müsse sich „auf die Fachleute verlassen“. Auf Nachfrage verstand Dr. Wend nicht
einmal etwas von Bienenflug und Bestäubung.]
So schließt sich der Kreis: Die Politiker – überzeugt, dass „wir“ in Deutschland
die „Zukunftsbranche Gentechnik“ nicht allein den Amerikanern überlassen dürfen – beschließen Forschungsgelder zur Gentechnik, und die beteiligten
Forscher liefern die Ergebnisse, die ihnen (zumindest für kurze Zeit) wieder neue Forschungsaufträge bringen sollen.
Brauchen wir Gentechnik im Obstbau ?
Die Gentechnik-Forschungen in Sachen Obst sind eigentlich überflüssig, da die
verschiedenen Züchtungsziele auch mit konventioneller Züchtung erreicht werden könnten. Die Züchtungen auf Schorfresistenz in Dresden-Pillnitz und in
aller Welt machen es vor (auch wenn sich diese Züchtungen unter dem Blickwinkel der biologischen Vielfalt ebenfalls als einseitig kritisieren lassen).
Auch gegen Feuerbrand resistente Sorten gibt es bereits, sowohl bei den Pillnitzer Neuzüchtungen als auch in alten Streuobstbeständen. Die
Beobachtungen in baden-württembergischen Streuobstbeständen, in denen Feuerbrand-Infektionen nicht bekämpft wurden, haben gezeigt, dass sich die
Bäume mancher Sorten nach einer unbehandelten Infektion von selbst wieder regeneriert haben. Hier könnte sich die Züchtungsforschung die Vorteile der –
noch vorhandenen – Biodiversität des Streuobstanbaus zunutze machen.
Wenn hier jedoch nur noch auf die Gentechnik zur Lösung unserer obstbaulichen
Probleme gesetzt wird, dann vor allem deshalb, weil die internationalen (und vor allem US-amerikanischen) Gentechnik-Konzerne vor der Tür stehen und
lautstark mit den Hufen scharren. Deren Traum ist es, z.B. aus der heute krankheitsanfälligen Apfelsorte Elstar auf kürzestem Wege (ohne den Umweg
konventioneller Züchtung) den „Terminator-Elstar“ zu basteln, der dann den Weltmarkt beherrscht (und wegen der Patentrechte einer Gelddruckmaschine
gleichkommt). [Wie schrieb Frau Prof. Hanke im Zuge ihres Antrages auf Freisetzung von GVO-Apfelbäumen in Dresden-Pillnitz bereits 2003: „Die
Bestrebungen der auf dem Gebiet der Gentechnik arbeitenden nationalen Gruppen richten sich ... eher auf die Verbesserung einer Weltmarktsorte. Dazu
muss man wissen, dass lediglich vier Apfelsorten die Weltproduktion bestimmen“ (Hanke, 2003).].
Was allerdings passiert, wenn – wie bereits bei anderen gentechnisch veränderten Pflanzenarten geschehen – die „eingebauten“
Schädlingsresistenzen von Schädlingen ihrerseits wieder geknackt werden, diese Probleme überlassen Forscher und Gentechnik-Firmen dann den
nachfolgenden Generationen (um an den Lösungen der aufgetretenen Probleme dann erneut zu verdienen).
Und die Politiker, die über Fördermittel in der Forschung entscheiden, haben
zwar zumeist von Obstbau, konventioneller Obstzüchtung und Biodiversität so wenig Ahnung wie der Bock vom Gärtnern, verfallen jedoch in kollektiver
Hysterie und argumentieren, wir würden von der Weltentwicklung abgehängt und in die Steinzeit zurückversetzt, wenn wir nicht sofort auf den Zug der Gentechnik aufsprängen.
In Deutschland gibt es nach Umfragen seit Jahren eine stabile Dreiviertel-Mehrheit, die keine Gentechnik in der Ernährung wünscht. In anderen
europäischen Ländern ist es nicht viel anders. Damit könnte die Diskussion eigentlich schon beendet sein (zumal die Wissenschaft immer davon spricht,
dass sie sich in den Dienst der Menschen stellt). Und doch ist es ganz im Gegenteil so, dass eine kleine Minderheit von Konzernen, Lobby-Politikern und
auch Wissenschaftlern, die ihrerseits von staatlichen oder privaten Forschungsmitteln abhängen, sich lediglich die Frage stellt, wie die „public acceptance“ der Gentechnik verbessert werden könne.
Pillnitzer Gentechnik-Forschung: Wo nachzulesen ?
Nachzulesen sind die Ausführungen von Frau Prof. Hanke und Dr. Henryk Flachowsky übrigens im Internet unter www.bmelv-forschung.de, dort weiter
Publikationen, Forschungsreport, Ausgabe 1/2006 anklicken (oder einfach z.B. bei Google ‚Forschungsreport’ eingeben). Auch auf der (gentechnikfreundlich orientierten) Internetseite www.biosicherheit.de können diverse Ausführungen von Frau Prof. Hanke (u.a. aus dem Jahr 2003) öffentlich eingesehen werden.
Über den Gentechnik-Kongress 2008 in Dresden-Pillnitz informieren auch die Internet-Seiten www.bafz.de bzw. www.biotechfruit2008.bafz.de.
Genbank und Gentechnik-Forschung: Wie passt das zusammen ?
Sollte sich das Institut für Obstzüchtung in Dresden-Pillnitz künftig vor allem zu
einer Forschungsanstalt für Gentechnik im Obstbau weiterentwickeln, dann muss man allerdings auch die Frage stellen, welche die Rolle der Genbank in
der Züchtung und der staatlichen Forschungsförderung zukommt.
Es fragt sich, ob die Genbank von den Verantwortlichen eines Tages in erster
Linie als Selbstbedienungsladen für Gentechniker gesehen wird. Das hätte zwangsläufig auch Folgen für die Zusammenarbeit zwischen der Genbank
Dresden-Pillnitz und all denen, die sich für die Erhaltung der genetischen Vielfalt im Obstbau engagieren. Auch die Frage, ob der Pomologen-Verein e.V.
die Genbank ideell – oder durch das Zur-Verfügung-Stellen von Reisern historischer Sorten – unterstützen oder sich lieber um den Aufbau einer privaten
(und ggf. durch Stiftungen finanzierten) Genbank kümmern sollte, kann von den Entwicklungen innerhalb des Instituts für Obstzüchtung in Pillnitz nicht unberührt bleiben.
Dass die These vom „Selbstbedienungsladen für Gentechniker“ nicht nur
realitätsfremde Spekulation ist, kann der „Blick über den Gartenzaun“ auf die Genbank für Kulturpflanzen in Gatersleben bei Magdeburg aktuell bezeugen (die
beiden Genbanken – die in Gatersleben ebenso wie die Obstgenbank in Pillnitz – sind Abteilungen des Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung IPK).
Die Genbank in Gatersleben ist eine der größten Genbanken für alte Getreide-
und Gemüsesorten in Europa und damit nicht nur nationales, sondern eigentlich europäisches oder gar „Welt-Kulturgut“. Viele der hier erhaltenen Kultursorten
sind nirgendwo anders mehr aufbewahrt. Ungeachtet dieser Tatsache führen die verantwortlichen Forscher dort seit dem vergangenen Jahr ausgerechnet auf
dem Gelände der Genbank und in unmittelbarer Nähe der Bestände alter Weizensorten – Versuche mit gentechnisch verändertem Weizen durch. In
diesem Jahr folgten Versuche mit GVO-Erbsen, wieder direkt auf dem Gelände der Genbank!
Die Versuche wurden von der Bundesregierung bzw. den ihr nachgeordneten Behörden genehmigt, und die zahlreichen Einwände gegen diese Versuche
(allein 75 000 gegen den Erbsenversuch) wurden von den Gerichten mit der Begründung verworfen, dass die Verantwortlichen der Genbank im Falle einer
Kontamination ihrer alten Kultursorten ja nur „sich selbst schädigen“ würden. [Die Gerichte betrachteten die Genbank somit gewissermaßen als eine
Privatsache ihres Personals und nicht als ein nationales oder gar internationales Kulturerbe!].
In Gatersleben haben sich inzwischen zahlreiche Gentechnik-Firmen angesiedelt, mit denen die Forscher dort gemeinsame Projekte initiieren.
Was tun ?
Es ist unschwer vorstellbar, dass solche Entwicklungen auch für das Institut für
Obstzüchtung in Pillnitz bzw. für die dortige Genbank Obst nicht auszuschließen sind. Für die diversen Erhaltungs-Initiativen in Deutschland dürfte die
Konsequenz über kurz oder lang die sein, sich eigene – von den staatlichen Stellen unabhängige – Genbanken aufzubauen. Daneben gilt es allerdings auch,
wachsam zu bleiben und Widerstand zu leisten gegen fragwürdige Forschungen mit völlig unkontrollierbaren Risiken einer ungehemmten Ausbreitung von gentechnisch manipulierten Obstgehölzen !
Druckversion: Gentechnik im Obstbau
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