
Ansprechpartner: Hans-Joachim Bannier Humboldtstr. 15, 33615 Bielefeld Tel.: 0521-121635 e-Mail: alte-apfelsorten@web.de
Obstbaumkauf / öffentliche Ausschreibungen: Vorsicht vor „Etiketten-Schwindel"
von Hans-Joachim Bannier Abdruck aus NABU-Streuobst-Rundbrief 4-2006
Landkreise, Kommunen und andere Behörden entscheiden bei Ausschreibungen zur Lieferung von Obstbäumen alter Sorten die Auftragsvergabe heute in der Regel ausschließlich nach dem Preis --
mit fatalen Folgen: Der billigste Anbieter (der häufig keinen einzigen Obstbaum selbst produziert hat!) bezieht seine Ware oft aus Holland, Belgien, Polen oder aus der Überproduktion anderer
Baumschulen. Es hat sich in den letzten Jahrzehnten als gängige Praxis erwiesen, dass bei solchen Obstbaum-Lieferungen nur die Etiketten den Vorgaben der Auftraggeber entsprechen, nicht aber
das Pflanzmaterial selbst. 
Der Praxis dieses Etikettenschwindels kommt der Umstand entgegen, dass die verkauften Bäume erst nach mehreren Jahren die ersten Früchte tragen und
die Auftraggeber meist nicht in der Lage sind, die Sortenechtheit der gelieferten Obstbäume zu überprüfen. Verlierer sind diejenigen heimischen Obstbaumschulen, die sich um Qualität und
Sortenechtheit bemühen und die (oft nur wegen einiger Cent pro Baum) das Nachsehen bei solchen Ausschreibungen haben. Nicht selten sind die Billiganbieter angeblich in der Lage, dem
Auftraggeber jede seltene Regionalsorte in beliebiger Stückzahl in kürzester Frist zu liefern. Dass dies mit Seriosität nichts zu tun hat, muss allen Auftraggebern klar sein. Hier ist dringend eine Änderung der
Ausschreibungspraxis erforderlich: Zum einen sollten seltene und regionale Sorten grundsätzlich mit einer Vorlaufzeit von ein bis zwei Jahren bestellt werden, damit eine entsprechende sortenechte Anzucht
durch die Baumschulen realisiert werden kann. Zum anderen sollten sich die Auftraggeber die Namen der gelieferten Sorten sowie die Echtheit der
Sorten mit Regressanspruch auch über den Zeitraum von fünf Jahren hinaus bei Lieferung bestätigen lassen und die Pflanzung der bestellten Bäume dokumentieren. Der Kreis der Anbieter
sollte auf obstproduzierende Baumschulen beschränkt und reine Handelsbaumschulen davon ausgenommen werden.
Solche Änderungen sind dringend erforderlich, weil nicht selten durch die Lieferung falscher und
streuobstuntauglicher Sorten der Erfolg von vornherein gefährdet ist. Bei ernstlichen Zweifeln bezüglich der Sortenechtheit der gelieferten Ware kann ggf. auch eine gutachterliche
Stellungnahme durch erfahrene Obstbaumschuler oder Sortenkundler des Pomologenvereins oder des NABU eingeholt werden. Denn die Sortenechtheit fast aller Gehölze kann bei entsprechender
Sortenkenntnis auch bereits am Holz, am Laub sowie am Austriebszeitpunkt der jungen Obstbäume überprüft und falsch gelieferte Sorten anhand von Vergleichsmaterial dokumentiert werden.
Kontakt:
Pomologenverein, Hans-Joachim Bannier, Humboldtstr. 15, 33615 Bielefeld, 0521/121635, alte-apfelsorten@web.de.
Westfalen: Initiative zur Erhaltung alter, regionaler Apfelsorten 5.3.07 Text: Hans-Joachim Bannier, Bielefeld
Neue Wege in der Sorten-Erhaltung alter Obstsorten gehen in Westfalen der Pomologen-Verein und die Biologische Station im Kreis Herford.
Da viele der alten regionalen Apfelsorten Westfalens in den Baumschulen nicht mehr erhältlich waren, ist man schon seit etwa 1997 aktiv geworden und hat die Vermehrung interessanter
Regionalsorten (sowie auch einiger weiterer, als besonders robust erkannter Streuobstsorten) selbst in die Hand genommen. Von allen verbürgten Regionalsorten Westfalens (u.a. Westfälischer Gülderling,
Westfälische Tiefblüte, Schöner aus Wiedenbrück, Extertaler, Ravensberger, Tannenkrüger, Prinzess Nobel, Nelkenapfel,
Roter und Gelber Münsterländer Borsdorfer) wurden Reiser gesunder Altbäume geschnitten und eine regionalen Obstbaumschule mit der Vermehrung beauftragt. Die fertig angezogenen Bäume
werden dann von der Biologischen Station im Kreis Herford jährlich im November an Interessierte zum Selbstkostenpreis abgegeben. Parallel wird notiert, wo die Bäume der jeweiligen Sorten gepflanzt wurden.
Inzwischen konnte auch der Reisermuttergarten Bonn dafür gewonnen werden, einige der regionalen westfälischen Sorten aufzunehmen und – zumindest als sog. CAC-Material – an
Baumschulen abzugeben. Auch einige Baumschulen der Region haben inzwischen einen Teil der Sorten in ihr Angebot aufgenommen. Auf diese Weise dürfte die Erhaltung der westfälischen
Regionalsorten vorläufig gesichert sein.
Kontakt: Biologische Station im Krs. Herford, Susanne Schütte, Am Herrenhaus 27, 32278 Kirchlengern, Tel. 05223-78250, schuette@bshf.de, www.bshf.de
Über 300 alte (und neue) Apfelsorten befinden sich in einem Obstsorten-Schaugarten in Bielefeld (nahe dem bekannten Tierpark „Olderdissen“)
Das privat betriebene Obstsorten-Arboretum ist nicht regelmäßig geöffnet, jedoch finden jeweils in
der ersten Septemberwoche geführte Rundgänge durch den Obstgarten statt. Hinweise auf sonstige Veranstaltungstermine (z.B. Veredlungsvorführung im Frühjahr o.ä.) gibt es über einen E
-mail-Verteiler, in den man sich eintragen lassen kann.
Kontakt: Hans-Joachim Bannier, Tel. 0521-121635 oder alte-apfelsorten@web.de
NRW-Umweltminister Remmel hat nach seinem Besuch im obigen Obst-Arboretum in Bielefeld am 31.
August 2012 eine Pressemitteilung seines Hauses ins Internet gestellt, die hier auch hinterlegt ist.
Bericht zur Lage der Obstsortenentwicklung , PDF 240 kb von Hans-Joachim Bannier 2004:
Genetische Verarmung beim Obst und Initiativen zur Erhaltung der genetischen Vielfalt
Weitere Aktivitäten: Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt e.V.
Landesgruppe Hessen Lokalsorte Hessen Landesgruppe Rheinland-Pfalz LG Rh-Pf, Pflanzaktion Landesgruppe Sachsen Anhalt
Verband der Gartenbauvereine Saarland-Pfalz
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