Gentechnik im Obstbau - Freisetzungsversuche
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13. August 2008, Martina Adams, Weilburg, Pomologen-Verein e.V. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit hat in den letzten Jahren die Gentechnik auch bei der
Forschung und Züchtung neuer Obstsorten Einzug gehalten. Weltweit wird diesbezüglich an nahezu allen Obstarten geforscht -
von Ackerbeere, Apfel, Ananas, Aprikose, Banane, Birne, Bitterorange, Blaubeere, Dattelpflaume, Erdbeere, Esskastanie, Grapefruit, Himbeere, Kirsche, Kiwi, Mango, Melone,
Moosbeere, Olive, Orange, Papaya, Pampelmuse, Pflaume, Strauchbeeren, Walnuss, Wein bis Zitrone.
Bei den Recherchen fällt auf, dass die Namen der bisher maßgeblich an der Entwicklung von GVO-Pflanzen beteiligten Konzerne - allen voran Monsanto - im Bereich des Obstes nicht erscheinen.
Europa- und weltweit gab und gibt es längst Hunderte von Freisetzungsversuchen mit gentechnisch veränderten Obstarten: u.a. bei Pflaumen in Spanien und Tschechien, bei Birnen in
der Schweiz, bei Erdbeeren in Italien und Spanien, bei Himbeeren und Kirschen in Italien, bei Wein in Südafrika und Australien, bei Zitrusfrüchten in Argentinien und Brasilien.
Die meisten Freisetzungsversuche im Obstbau finden in den USA statt. Kommerziell angebaut und im Handel befinden sich derzeit nur gentechnisch veränderte
Papayas (Baummelonen), für die es seit 1996 eine Marktzulassung als Lebensmittel in den USA und Kanada gibt. Die Sorten "SunUp" und "Rainbow" sind resistent gegen den Ringspot-Virus.
Der Anbau der transgenen Papayas erfolgt in Hawaii (USA). Bereits im Jahr 2000 standen dort auf mehr als 50% der Anbaufläche gv-Papaya. Papayas sind auch eine wichtige
Exportfrucht. Der Export erfolgt u.a. nach Japan. Auch in Deutschland sind die Früchte 2004 aufgetaucht. In einigen asiatischen Ländern wird ebenfalls eine Zulassung transgener Papaya
erwartet. In China soll bereits 2007 der Anbau erfolgt sein. In den USA läuft derzeit das Zulassungsverfahren für eine transgene virusresistente
Pflaumensorte. Die Sorte "HoneySweet" wurde im Rahmen eines AFRS-Programms zur genetischen Verbesserung von Obstkulturen von einem US-amerikanisch-europäischen
Forscher-Verbund unter Federführung des Landwirtschaftlichen Forschungs-Service (AFRS) entwickelt und soll scharkaresistent sein. "HoneySweet" enthält ein Antibiotika-Resistenzgen und
soll auch als Zuchtgrundlage für Resistenzzüchtung genutzt werden. Bei den anderen Obstarten wird geforscht und freigesetzt aber in naher Zukunft keine kommerzielle Nutzung erwartet.
Aktuelle Situation am Beispiel ausgewählter Obstsorten:
Apfel
Im Jahr 2003 gab es einen Antrag des Instituts für Obstzüchtung Dresden-Pillnitz auf Freisetzung gentechnisch veränderter Apfelsorten, die vom
Ministerium für Verbraucherschutz und Landwirtschaft (unter Ministerin Künast) nicht genehmigt wurden. Am Institut für Obstzüchtung waren 65 gv-Apfelbäume in 14 Linien (davon 3 instabil)
gezüchtet worden. Damals verwendete Gene:
- nptII-Gen zur Resistenz gegen das Antibiotikum Kanamycin
- gusA-Gen zur Bildung eines blauen Indigo-Farbstoffes
- Diverse Resistenzgene gegen Viren und Bakterien
- Lysozym-Gen T4L (des Bakteriophagen T4)
- dpo-Gen des Bakteriophagen Ea1h
Zurzeit laufen sogenannte "Käfigversuche" (Saran-Haus) mit gentechnisch veränderten Äpfeln in Pillnitz und bei Bad Lauchstädt nahe Halle/S.
Die Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen, Institut für Obstzüchtung in Dresden untersucht z.B. mögliche Auswirkungen transgener Apfelpflanzen auf Mikroorganismen und
Ansätze zur Verhinderung einer Auskreuzung durch Gene Silencing. An der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) der Schweiz in Zürich forschen
Wissenschaftler am Einbau von Apfel-Resistenzgenen in anerkannte Marktsorten. Durch diese cisgene Veränderung soll z.B. die Sorte Gala schorfresistent werden. Auch in den Niederlanden, am
Agrarforschungszentrum Plant Research International (PRI), arbeiten Biologen an der cisgenen Veränderung von Apfelsorten zur Erzielung von Apfelschorf-Resistenz.
In der Schweiz rechnet man mit den ersten Freisetzungsversuchen im Herbst 2009.
Freisetzungsversuche bei Äpfeln
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Europa / Anzahl Zeitraum
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USA Anzahl Zeitraum
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Sonst Anzahl Zeitraum
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Forschungsziele
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NL / 4 B / 2 S / 2
D / 1 1998-07
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46 1991-08
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- Pilzresistenz
- Bakterienresistenz
- veränderte Bewurzelung
- veränderte Blütenbildung / Zeitpunkt
- veränderte Ethylenproduktion (Reife)
- veränderter Polyphenolgehalt ( Allergie)
Sterilität (männliche (Pollen)Sterilität, Parthenokarpie
- Selbstfruchtbarkeit
(Samenaufzucht statt Veredelung)
Geforscht wird u.a. auch an Insektenresistenz z.B. gegen
Apfelwickler, es erfolgte aber noch keine Freisetzung
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Freisetzungsversuche bei Birnen
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Europa / Anzahl Zeitraum
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USA Anzahl Zeitraum
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Sonst Anzahl Zeitraum
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Forschungsziele
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S / 1 2004
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5 1999-01
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- Bewurzelung
- Bakterienresistenz
- Reifeverzögerung
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Freisetzungsversuche bei Kirschen
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Europa / Anzahl Zeitraum
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USA Anzahl Zeitraum
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Sonst Anzahl Zeitraum
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Forschungsziele
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I / 3 1998
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Kanada 96-98
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- veränderte Wurzelbildung
- Fruchtqualität
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Freisetzungsversuche bei Pflaumen
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Europa / Anzahl Zeitraum
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USA Anzahl Zeitraum
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Sonst Anzahl Zeitraum
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Forschungsziele
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E CZ RO 4 2006-07
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7 1992-07
Zulassung beantragt
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Kanada Argent. Neuseel. Australien Indien
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- Virusresistenz
- Pilzresistenz
- Nematodenresistenz
- Reifeverzögerung
(bekanntestes Beispiel bei Gemüse "Flavr Savr", die
Anti-Matsch-Tomate)
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Freisetzungsversuche bei Erdbeeren
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Europa / Anzahl Zeitraum
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USA Anzahl Zeitraum
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Sonst Anzahl Zeitraum
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Forschungsziele
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I / 4 E / 2
GB / 1 1995-03
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40 1994-01
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Kanada Japan Argent.
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- Insektenresistenz
- Pilzresistenz
- Bewurzelung
- Reifeverzögerung
- Herbizidtoleranz
- Blühzeitpunkt
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Freisetzungsversuche bei Walnuss
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Europa / Anzahl Zeitraum
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USA Anzahl Zeitraum
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Sonst Anzahl Zeitraum
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Forschungsziele
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14 1989-07
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- Bewurzelung (flach statt Pfahl)
- Blütenbildung (effektivere Ernte)
- Insektenresistenz
- Pilzresistenz
- Virusresistenz
- Bakterienresistenz
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Wein
Von 1999 bis 2005 erfolgte ein Freisetzungsversuch mittels Gerstengenen veränderter
pilzresistenter Weinreben der Sorten Dornfelder, Seyval Blanc und Riesling in Franken und der Pfalz durch das Institut für Rebenzüchtung (IRZ) Geilweilerhof. Der auf 10 Jahre angelegte
Versuch wurde vorzeitig abgebrochen, weil die züchterischen Ziele des Versuchs nicht erreicht wurden. Es wurde kein Vorteil der gv-Reben gegenüber der konventionellen Kontrollgruppe
festgestellt. Parallel wurden Auskreuzungsversuche durchgeführt, dabei wurden erste Hinweise auf Auskreuzung gefunden. (Siehe dazu auch den Artikel "Gentechnik im Weinbau").
Freisetzungsversuche bei Wein
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Europa / Anzahl Zeitraum
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USA Anzahl Zeitraum
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Sonst Anzahl Zeitraum
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Forschungsziele
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F / 4 I / 1
1994-04 D / 1 (1999-05)
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53 1995-08
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Kanada Südafrika Australien
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- Pilzresistenz
(Mehltau, Grauschimmel)
- Virusresistenz (Reisigkrankheit)
- Fruchtgröße
- Kältetoleranz
- Bakterienresistenz
- Zuckergehalt, Farbe, Größe (zur Ertragsteigerung)
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Hinweis: Die Unterstreichungen / farbigen Markierungen (nur im Dateiformat) in den Tabellen zur Freisetzung
ermöglichen eine Zuordnung von Zuchtzielen zu den einzelnen Ländern. Abkürzungen in der ersten Spalte = Länderkennzeichen Autorin:
Martina Adams, Weilburg, Pomologen-Verein e.V. Quellen: www.transgen.de/features www.biosicherheit.de Rheinischer Merkur vom 24.07.2008, "Gene ohne Monsterallüren"
Druckversion: Gentechnik im Obstbau, Freisetzungsversuche
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