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Die Pomologie ist die Lehre von den Obstarten und Obstsorten und umfasst deren Bestimmung, Beschreibung, Empfehlung und Erhaltung.
Pomona ist die römische Göttin des Obst- und Gartenbaus.

Gentechnik


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0ffener Brief zur Gentechnik im Apfelanbau an das Julius-Kühn-Institut in Pillnitz, Frau Dr. Hanke vom 12.02.2008

Absender:
Arbeitsgruppe Gentechnik im Pomologen-Verein e. V.
Ansprechpartner: Martina Adams, Runkeler Straße 67, 53781 Weilburg
und Hans-Joachim Bannier, Humboldtstraße 15, 33615 Bielefeld

An:
Julius Kühn-Institut,
Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI)
Institut für Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen und Obst
Frau Prof. Hanke, Herrn Dr. Flachowski
Pillnitzer Platz 3a
01326 Dresden

Offener Brief zum Thema Risiken der Gentechnik im Apfelanbau

Sehr geehrte Frau Professorin Hanke, sehr geehrter Herr Dr. Flachowsky!

Aus Sorge über mögliche gesundheitliche Risiken der Gentechnik für Mensch und Tier sowie aufgrund der Gefahr einer Beeinträchtigung der Natur, stehen der Pomologen-Verein und die Unterzeichner diesem Thema kritisch gegenüber.

Wir beziehen uns mit diesem Schreiben auf Ihre Veröffentlichung „Welche Risiken sind beim Anbau von gentechnisch veränderten Apfelbäumen zu erwarten“, erschienen im „Forschungsreport 1/2006“ des Bundesministeriums für Forschung und Technologie, sowie auf Ihre – Frau Prof. Hankes – Risikobetrachtungen zur Gentechnik im Apfelanbau aus dem Jahre 2003, publiziert unter www.biosicherheit.de.

Da wir davon ausgehen, dass Ihre Veröffentlichungen zum Thema Gentechnik im Obstanbau von Politikern wahrgenommen und zur Entscheidungsfindung im politischen Raum herangezogen werden , wenden wir uns mit einem Offenen Brief an Sie.
Wir begrüßen es, wenn bei der Gentechnikforschung am Institut für Obstzüchtung in Dresden -Pillnitz auch Sicherheitsfragen im Fokus der Forschung stehen. Ihre Schlussfolgerungen bezüglich der Beherrschbarkeit des Risikos einer unkontrollierten Ausbreitung gentechnisch veränderter Apfelsamen sind unseres Erachtens jedoch wissenschaftlich und aus Sicht obstbaulicher Praktiker nicht haltbar. Dies möchten wir im Folgenden näher ausführen:

Die Auffassung, dass der Aufwuchs von gentechnisch veränderten Apfelsamen innerhalb bewirtschafteter Erwerbsobst-Anlagen eher unwahrscheinlich ist, teilen wir, da die Grünstreifen zwischen den Baumreihen regelmäßig kurz gehalten bzw. mit Herbiziden behandelt werden. Was aber passiert, wenn Bienen, Hummeln und andere Insekten die Apfelbäume in der Umgebung von GVO-Obstanlagen mit dem Pollen der gentechnisch manipulierten Apfelsorten befruchten oder wenn Vögel und Kleinsäuger die mit den Früchten in der Anlage anfallenden GVO-Samen in die Umgebung tragen?

Sie begegnen diesen Befürchtungen mit folgendem Argument: „Auch außerhalb der obstbaulich genutzten Flächen ist eine solche ‚Auswilderung’ unwahrscheinlich, da Apfelbäume in unserer genutzten Kulturlandschaft kaum Aufwachsmöglichkeiten haben.“ Diese Aussage deckt sich nicht mit unseren Erfahrungen. In den deutschen Obstanbaugebieten findet man an Böschungen, Straßenrändern und sonstigen nicht intensiv genutzten Flächen in großer Zahl unkontrolliert aufgewachsene Apfel-Zufallssämlinge. Die Sortenexperten des Pomologen-Vereins e.V. werden jedes Jahr aufs Neue damit konfrontiert, wenn sie Früchte solcher Zufallssämlinge auf Apfeltagen zur Sortenbestimmung vorgelegt bekommen.

Auch die Behauptung: „Die Entstehung von Sämlingen in bewirtschafteten Obstanlagen und Kleingärten kommt nicht vor.“ (Hanke, 2003), deckt sich nicht mit unseren Beobachtungen. Ganz im Gegenteil: gerade private Kleingärtner haben zu allen Zeiten Zufallssämlinge in ihren Gärten aufwachsen lassen. So sind seit Jahrhunderten neue Apfelsorten entstanden.

Weiter schreiben Sie: „An Waldrändern, wo ausreichend Licht vorhanden ist, könnten Samen auskeimen. Aber es ist eher unwahrscheinlich, dass aufgrund von Umweltbedingungen und Konkurrenz in Pflanzengemeinschaften solche Bestände entstehen. ... Wenn dies die Regel wäre, müssten wir nicht die heimische Wildart Malus sylvestris, den Holzapfel, schützen und kartieren, sondern es gäbe ausgedehnte Wälder“. Auch diese Schlussfolgerung ist unseres Erachtens falsch: Dass die Apfel-Wildart Malus sylvestris heute selten geworden ist, liegt gerade daran, dass sie an den ihr zusagenden Standorten in der Regel durch Kulturapfelsorten verdrängt wurde (oder mit diesen bastardisierte), und nicht an grundsätzlich fehlenden Aufwachsmöglichkeiten.
Im Falle eines Anbaus gentechnisch veränderter Apfelsorten enthielten solche Zufallssämlinge künftig möglicherweise gentechnisch veränderte Erbanlagen.

Nicht nachvollziehbar ist für uns darüber hinaus insbesondere, dass Sie bei der Beurteilung des Ausbreitungsrisikos von gentechnisch veränderten Apfelsamen ihren Fokus ausschließlich auf die bewirtschaftete Obstanlage und ihre Umgebung richten. Gänzlich unbeachtet lassen Sie die Tatsache, dass die gentechnisch veränderten Äpfel selbst – wenn sie in größerem Maßstab angebaut und gehandelt werden – gentechnisch verändertes Erbgut in viel größerem und völlig unkontrollierbarem Ausmaß in die Welt tragen werden. Sie schreiben: „Die Bestrebungen der auf dem Gebiet der Gentechnik arbeitenden nationalen Gruppen richten sich ... eher auf die Verbesserung einer Weltmarktsorte. Dazu muss man wissen, dass lediglich vier Apfelsorten die Weltproduktion bestimmen“ (Hanke, 2003).

Ist jedoch auch nur eine einzige gentechnisch veränderte Weltmarktsorte erst einmal im Handel bzw. an der Ladentheke allgemein erhältlich, haben wir in kürzester Zeit Milliarden
von gentechnisch veränderten Samen, die von den Konsumenten nach dem Verzehr auf den Kompost, an den Straßenrand oder sonst wohin ausgespuckt oder weggeworfen werden.

Weitere Milliarden von gentechnisch veränderten Apfelsamen werden mit der von den Plantagenbesitzern an die Mostereien gelieferten B-Ware im Trester landen, der wiederum in die Landschaft gekippt, ans Vieh verfüttert, zur Anzucht vermeintlicher "Wildapfel"-Mischungen herangezogen wird etc.

Schon heute stehen an Eisenbahnlinien, Autobahn-Parkplätzen, an Landstraßen und Wanderwegen und in Naturschutzgebieten ungezählte solcher aus weggeworfenen Apfelresten spontan aufgelaufenen Zufallssämlinge. Dazu einige Beispiele:

- Allein auf einem Streckenabschnitt von rund 50 Kilometern an den Autobahnen A7 und A 44 im Raum Kassel / Paderborn stehen mindestens 25-30 solcher Apfelgebüsche, die kaum auffallen und nur zur Zeit der Obstblüte sichtbar werden.
- In Berlin sind längs der Bahntrassen und der Straßen tragende Apfelsämlinge (ebenso wie diverse Aprikosen-, Pfirsich-, Pflaumen-, Süß- und Sauerkirsch- oder Birnensämlinge) allgegenwärtig.
- Sämlinge diverser Kulturäpfel werden an naturnahen Standorten inzwischen des öfteren fälschlich als Wildsippen angesehen (z.B. in den Auwäldern bei Leipzig).
- Entlang der Eisenbahnlinien in Deutschland sind solche Sämlingspopulationen ebenfalls verbreitet. Sie wurden von uns beobachtet und dokumentiert u.a. im Raum Sangerhausen/Südharz, im Raum Bernburg/Saale und im Raum Witzenhausen/Nordhessen.
- An der Burgruine Hohenstaufen bei Göppingen steht mitten im Landschaftsschutzgebiet, umgeben ausschließlich von Laubwald, mindestens ein halbes Dutzend solcher Apfelsämlinge.
- Tuis Visser, ehemaliger Mitarbeiter des niederländischen Obst- und Gartenbauinstituts in Wageningen, zählte entlang der Spazierwege durch die Dünen der Insel Schiermonnikoog im Jahr 2001 über 300 wild aufgelaufene Apfelpflanzen, die dort aus weggespuckten Apfelkernen entstanden sind. Und das, obwohl er schätzt, dass „ca. 10000 Kerne aus einigen Tausenden von Kerngehäusen notwendig sind“, um auf der ehemals apfelfreien Insel „einen einzigen gut wachsenden Sämling im Dünengebiet zu finden“ („Die wilden Äpfel von Schiermonnikoog“, Hrsg. Vermeerderingstuinen Nederland, Horst 2001, S.14).

In einer Zukunft mit gentechnisch veränderten Apfelsorten würden solche – aus weggespuckten Kernen entstandenen – Apfelgebüsche dann in aller Welt gentechnisch verändertes Erbgut enthalten und dieses über die Bestäubung weiter verbreiten. Die unkontrollierte Ausbreitung des GVO-Erbguts wäre nicht mehr zu beeinflussen.

Zu den hier geschilderten Ausbreitungswegen kommen weitere, die Sie in Ihren Veröffentlichungen ebenfalls nicht berücksichtigen:
- Zu allen Zeiten haben sich Obstliebhaber in den Obstanlagen von Instituten interessante neue Sorten als Reis mit nach Hause genommen, sei es erlaubterweise, sei es unerlaubt „unter der Hand“.
- Das gleiche kommt auch in den Obstanlagen der Erwerbsobstbauern vor: dort nehmen sich nicht nur Besucher mal Reiser mit, sondern auch die zahlreichen Erntehelfer z.B.
- aus Osteuropa. Diese würden das transgene Erbgut in einer Zukunft mit Gentechnik ebenso wie die Apfelkonsumenten (oftmals ohne es zu wissen) in alle Welt tragen. Um die Haus- und Kleingärten dieser Landarbeiter gibt es dann jedoch keine 100-Meter-Abstände und "Schutzpflanzungen" mehr, um die Ausbreitung des gentechnisch veränderten Apfel-Erbguts einzudämmen!

Unsere hier ausführlich dargestellten Erfahrungen lassen die Risiken, die mit einem Einsatz der Gentechnik im Obstanbau verbunden sind, in einem gänzlich anderen Licht erscheinen, als in Ihren Veröffentlichungen. Einer Stellungnahme zu unseren Ausführungen von Ihrer Seite sehen wir mit Interesse entgegen.


Mit freundlichen Grüßen

Arbeitsgruppe Gentechnik im Pomologen-Verein e.V.
Martina Adams, Hans-Joachim Bannier, Joachim Brauss, Sabine Fortak, Herbert Ritthaler, Gertrud Walenda,

Folgende Unterzeichner schließen sich an:

überregional:
ABL - Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft
Agrar-Bündnis
Bioland
BÖLW - Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft
BUKO Agrar Koordination
BUND - Bund Umwelt und Nauturschutz Deutschland
Demeter
Fördergemeinschaft Ökologischer Obstbau
Gäa - ökologischer Landbau
Gen-ethisches Netzwerk
Gentechnikfreie Regionen in Deutschland
Greenpeace
Mellifera
NABU Bundesfachausschuss Streuobst
NABU Bundesgeschäftsstelle
Bundesverband Naturkost/Naturwaren
Ökologischer Ärztebund
VEN - Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt
Zukunftsstiftung Landwirtschaft

regional:
Aktionsbündnis für gentechnikfreie Landwirtschaft in Sachsen
Aktionsgemeinschaft Sachsen gentechnikfrei
AG Streuobst
BUND LV Brandenburg
Grüne Liga
Sambucus
Slow food Dresden

Druckversion PDF, 718 kb
 

Weitere Infos:
www.sachsen-gentechnikfrei.de/biofruit   

www.biotechfruit.de www.genapfel.de
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Antwortschreiben von Frau Dr. habil. Magda-Viola Hanke
vom 07. März 2008

Absender:
Institut für Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen und Obst
Julius Kühn-Institut
Pillnitzer Platz 3a, 01326 Dresden

An
Pomologen-Verein e. V. Arbeitsgruppe Gentechnik
z. Hd. Frau Sabine Fortak
Boimstorfer Straße 1
38154 Königslutter

Sehr geehrte Mitglieder der Arbeitsgruppe Gentechnik des Pomologen-Verein e. V.,

mit diesem Schreiben nehme ich Bezug auf Ihren offenen Brief zum Thema „Risiken der Gentechnik im Apfelanbau". Gern bin ich bereit, mit Ihnen in diesem Zusammenhang einen sachlichen Dialog zu führen.

Im Jahre 2003 hatte die Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen einen Antrag auf Freisetzung von gentechnisch veränderten Apfelpflanzen gestellt. Im Rahmen dieses Antrages sollten wissenschaftliche Ergebnisse, die im Labor und im Gewächshaus erzielt worden waren, unter natürlichen Umweltbedingungen überprüft und die obstbaulichen Eigenschaften der Bäume evaluiert werden. Dieser Antrag wurde damals durch die Entscheidung des Bundesministeriums nicht weiter bearbeitet.

Im Ergebnis der in diesem Zusammenhang durchgeführten offenen Diskussionen mit Verbrauchern, Obstanbauern und anderen Interessengruppen wurde eine Reihe von Fragen hinsichtlich der Risikobetrachtung gentechnisch veränderter Apfelbäume aufgeworfen, die aus der Sicht des Instituts einer wissenschaftlichen Überprüfung und Bearbeitung bedurften. Aus diesem Grund wurden in der Folge mehrere Forschungsprojekte, zeitlich befristet und durch verschiedene Drittmittelgeber finanziert, bearbeitet. Den Bearbeitungsstand und die Ergebnisse aus diesen Untersuchungen können Sie auf den aktualisierten Internetseiten von www.biosicherheit.de bzw. wissenschaftlich aufgearbeitet in zahlreichen Publikationen, die international durch Gutachter bewertet worden sind, nachlesen.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt und in absehbarer Zeit ist nicht damit zu rechnen, dass gentechnisch veränderte Apfelbäume in Europa in den Anbau kommen werden. Dennoch hat sich das Institut im Rahmen von Arbeiten zur Risikobewertung intensiv mit der potentiellen Ausbreitung von Pollen und der möglichen Auskreuzung befasst. Diese Untersuchungen wurden mit nicht gentechnisch veränderten Pollenspenderbäumen durchgeführt, die in allen Geweben eine Rotfärbung aufweisen und diese an alle Nachkommen vererben. Dadurch war ein Monitoring der Auskreuzung in der Anlage möglich. Dieses Beispiel zeigt, dass eine Risikobewertung auch ohne Verwendung gentechnisch veränderter Bäume durchgeführt werden kann. Wir sind zu der Schlussfolgerung gelangt, dass Apfelpollen nur über einen eng begrenzten Raum verbreitet wird. Dies deckt sich mit den Ergebnissen wissenschaftlicher Untersuchungen in anderen internationalen Publikationen.

Darüber hinaus hat der Apfel den Vorteil, dass er vegetativ vermehrt wird. Das bedeutet, dass Apfelsorten genetische Unikate sind, die identisch erhalten und vermehrt werden können, unabhängig davon, ob sie in aktiven Sammlungen, Kleingärten, Sortimenten, im Erwerbsobstbau oder auf Streuobstwiesen angebaut werden. Eine Ausnahme bilden spontane Mutationen, wie sie bei vielen Spurtypen beim Apfel manifestiert

sind. Die Sorteneigenschaften bleiben beim Apfelbaum immer erhalten, unabhängig davon, mit welchem

Pollen die Blüten bestäubt worden sind. Eine Integration von Fremdgenen in eine existierende Sorte ist auf diese Weise nicht möglich.

Des Weiteren hat das Institut Untersuchungen zur Ausbreitung von Apfelsamen und zum natürlichen Aufwuchsverhalten von Apfelsamen unter verschieden Umwelten durchgeführt. Auch dafür wurden Samen von nicht gentechnisch veränderten Bäumen verwendet. Die erhaltenen Ergebnisse waren u. a. Grundlage meiner von Ihnen angesprochenen Feststellung/ dass aufgrund von Umweltbedingungen und Konkurrenz in Pflanzengemeinschaften der Aufwuchs von Apfel Sämlingen eher unwahrscheinlich ist. Auch die von Ihnen in Ihrem Brief erwähnten Trester, die im Wald an Tiere verfüttert werden, haben wir in unsere Untersuchungen eingeschlossen. Jedoch auch hier konnten wir keine Ausbreitung nachweisen. Eine Ausnahme mögen Apfelsämlinge darstellen, die von Kleingärtnern aufgezogen werden. Diese Sämlinge bedürfen jedoch einer intensiven Pflege.

Seit einigen Jahren befasst sich die internationale wissenschaftliche Gemeinschaft mit der „Verbesserung" und sicheren Gestaltung der Gentechnologie. Dabei geht es vor allem um den Verzicht von Antibiotikaresistenzmarkern, der Sicherstellung, dass nicht pflanzliche Gensequenzen nicht in den Apfel übertragen werden, und ganz besonders um die Nutzung arteigener Gene. Gerade solche Fragestellungen werden in Zusammenarbeit mit Partnern aus der Europäischen Union im Rahmen des Projektes ISAFRUIT bearbeitet. Diese so genannte Cisgen-Technologie zielt darauf ab, Gene aus dem Apfel und aus Apfelwildarten, die selbst an der Entstehung des Kulturapfels Malus x domestica beteiligt waren, zu übertragen. Es werden also Gene von kreuzungsfähigen Verwandten verwendet, so dass im Ergebnis Pflanzen entstehen, wie sie auch aus einer konventionellen Kreuzung hervorgehen konnten.

Sie sprechen in Ihrem Brief den Holzapfel an, der nach Ihrer Auffassung durch den Kulturapfel in seinem natürlichen Lebensraum verdrängt wurde bzw. mit diesem bastardierte. Diese Auffassung entspricht nicht den Ergebnissen vieler namhafter Publikationen. In den letzten Jahren ist eine Reihe von Publikationen erschienen, die belegen, dass eine Bastardierung zwischen Malus sylvestris und Malus x domestica sehr unwahrscheinlich ist. Die Verdrängung des Wildapfels ist auf die Veränderung des Ökosystems zurückzuführen, Im Rahmen eines laufenden Forschungsprojektes versuchen wir u. a. den Grad einer möglichen Hybridisierung zu validieren und damit auch diese Frage einer Klärung zuzuführen.

Abschließend möchte ich Ihnen versichern, dass ich die von Ihnen in Ihrem Schreiben vorgebrachten Bedenken und Sorgen sehr ernst nehme. Aus diesem Grund waren sie auch vielfach Bestandteil unserer Forschungsarbeiten und werden dies auch künftig sein. Nicht zuletzt deswegen wurden in den letzten Jahren mehrere Projekte zu diesen und angrenzenden Fragestellungen begründet. Die wissenschaftlichen Arbeiten des Julius Kühn-Instituts werden sich im Rahmen des vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz bestätigten Forschungsplanes auch weiterhin der Risikoforschung im Bereich Gentechnik, auch im Obstbau, widmen. Aus diesem Grunde wurde auch das Institut für Sicherheit in der Gentechnik gegründet, mit dem das von mir geleitete Institut eine enge Zusammenarbeit in diesem Bereich verbinden wird.

Mit freundlichen GrüßenSeitenanfang

Dr. habil. Magda-Viola Hanke

Druckversion Schr. Frau Dr. Hanke vom 07.03.2008


Erwiderungsschreiben
der Arbeitsgruppe Gentechnik im Pomologen-Verein e.V. vom 25.08.2008

Absender:
Martina Adams
, Runkeler Str. 67, 1535781 Weilburg,
Tel. 06471-39179, adams@alsodoch.de
Dr. Bettina Orthmann, Frankensteiner Straße 146, 64297 Darmstadt,
Tel. 06151-3523215, bettina.orthmann@uni-rostock.de
Hans-Joachim Bannier , Humboldtstr. 15, 33615 Bielefeld
Tel. 0521-121635, alte-apfelsorten@web.de

An:
Julius Kühn-Institut (JKI)
Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen
Institut für Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen und Obst
Frau Prof. Hanke
Pillnitzer Platz 3a
01326 Dresden

Offener Brief zum Thema Risiken der Gentechnik im Apfelanbau
 

Sehr geehrte Frau Hanke,

für Ihre Antwort auf unseren Offenen Brief vom 12.02.08 möchten wir uns bedanken und uns gleichzeitig für unsere späte Reaktion darauf entschuldigen.

Die in unserem Brief ausführlich formulierten Bedenken haben Sie mit Ihrer Antwort in weiten Teilen jedoch nicht ausräumen können. Insbesondere auf die von uns ausführlich beschriebenen Aspekte bezüglich der Ausbreitung der Sämlinge von Kulturapfelsorten in der Landschaft sind Sie nicht weiter eingegangen.

Wenn Sie – wie in Ihrer Antwort dargestellt – allein anhand der von Ihnen angestellten Versuche schlussfolgern, dass „aufgrund von Umweltbedingungen und Konkurrenz in Pflanzengemeinschaften der Aufwuchs von Apfelsämlingen (in der Landschaft) eher unwahrscheinlich“ sei, müssen wir als Praktiker im Umkehrschluss daraus folgern, dass Ihre Versuchsanordnungen offenbar nicht praxistauglich sind. Denn die Praxis spricht eine ganz andere Sprache: Sie zeigt – wie wir anhand der vielen Beispiele in unserem Brief vom 12.02.08 dargestellt haben – dass sich Apfelsämlinge in unserer Kulturlandschaft sehr wohl auf vielfältige Weise ausbreiten können und dies auch tatsächlich tun.

Der Tatbestand, dass sich Sämlinge von Kulturapfelsorten – sei es durch weggeworfene Apfelreste seitens der Verbraucher, sei es durch Vögel und Kleinsäuger aus der Obstanlage des Produzenten, sei es durch Pollenübertragung und die daraus entstehende Zufallsaussaat in benachbarten Streuobstbeständen – sehr wohl gute Aufwuchschancen haben und sich in unserer Landschaft bereits universell ausgebreitet haben, ist unbestreitbar. Dies würde gleichermaßen auch für die Ausbreitung von Samen gentechnisch veränderter Sorten gelten, wenn diese denn zukünftig angebaut und in den Verkehr gebracht würden .

Für diese zentrale Frage der Ausbreitung gentechnisch veränderten Erbmaterials ist es im Übrigen auch weitgehend unerheblich, ob sich Malus sylvestris-Wildapfelbestände in unserer Kulturlandschaft heute noch erhalten können oder nicht, und ob sie historisch eher durch andere Pflanzengesellschaften bzw. veränderte Ökosysteme oder durch die Bastardisierung mit Kulturapfelsorten verdrängt worden sind.

Das Risiko einer unkontrollierten Auskreuzung und Verbreitung von gentechnisch verändertem Erbgut ist nicht beherrschbar. Dies trifft nicht nur auf den Apfel zu, sondern gilt auch für andere Obstarten und im Besonderen für das Steinobst, bei dem die Auskreuzung mit Wildarten (Vogelkirsche, Myrobalane, Haferpflaume, Zibarte, Schlehe, Steinweichsel u.a.) noch eine zusätzliche Gefahr darstellen würde.

Daher können wir unsere Bedenken diesbezüglich nur bekräftigen und bitten Sie hierzu noch einmal um Stellungnahme.

Auf andere in Ihrer Antwort angesprochene Themenkomplexe (wie z.B. Cis-Genetik) werden wir gern noch separat antworten. Sicher ist jedoch, dass auch durch Cis-Genetik veränderte Apfelsorten nicht einfach gleichgesetzt werden können mit den Ergebnissen konventioneller Kreuzungszüchtung. Denn die Art und Weise des Gentransfers ist bei dem gentechnischen Verfahren eine völlig andere und ihre Auswirkungen (z.B. auf Stabilität der neuen genetischen Kombinationen, auf gesundheitliche Risiken etc.) noch alles andere als geklärt.

Mit freundlichen Grüßen

Martina Adams / Dr. Bettina Orthman / Hans-Joachim Bannier
für die Arbeitsgruppe Gentechnik im Pomologen-Verein e.V.

Druckversion, Schr. Pomologen-Verein vom 25.08.2008


Interview mit Peter Teichmann zum Thema Biosicherheit

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