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Die Pomologie ist die Lehre von den Obstarten und Obstsorten und umfasst deren Bestimmung, Beschreibung, Empfehlung und Erhaltung.
Pomona ist die römische Göttin des Obst- und Gartenbaus.

Gentechnik

Position des Pomologen-Verein e.V. zur Biodiversität und Gentechnik im Obstbau

Bearbeitungsstand der Langfassung: 21. Juni 2008

Jahr der Biodiversität

Das Jahr 2008 ist ein wichtiges Jahr für die Biodiversität.

Biodiversität bedeutet Biologische Vielfalt, Verschiedenartigkeit, Vielfalt von Arten und Lebensgemeinschaften. Das Abkommen über die Biologische Vielfalt (CBD) definiert Biodiversität als die Vielfalt der Arten, Vielfalt innerhalb der Arten und die Vielfalt von Ökosystemen.

In Deutschland fanden im Mai 2008 bedeutende Veranstaltungen zu diesem Themen-Komplex statt. Hier sind insbesondere zwei UN-Konferenzen zu nennen: die 4. Vertragsparteien-Konferenz des Cartagena-Protokolls (MOP 4) und die 9. Internationale Vertragsstaatenkonferenz der Konvention über Biologische Vielfalt (COP 9). Bei diesen UN-Tagungen ging es insbesondere um die Sicherstellung der globalen Biodiversität und der biologischen Ressourcen, den Schutz der Vielfalt, den Zugang zu genetischen Ressourcen und Fragen zu Standards und Haftung im Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO).

Weitere Termine waren u.a. Demonstration und Festival unter dem Motto Planet Diversity am Pfingstmontag und der Vielfaltsmarkt der Nichtregierungsorganisationen (NGOs) vom 19. bis 21. Mai in Bonn, sowie viele Vorbereitungskonferenzen im Vorfeld.

Eine weitere wichtige Tagung zum Thema Gentechnik findet vom 1. bis 5. September in Dresden-Pillnitz statt - und zwar ein Internationales Symposium zur Biotechnologie bei Obst.

Für den Pomologen-Verein e.V., der sich insbesondere dem Ziel der Erhaltung der Obstarten und Obstsorten verschrieben hat, ist dies Anlass genug, sich mit dem Thema Biodiversität und Gentechnik im Obstbau ausführlicher zu beschäftigen.

Erhaltung der Biodiversität bedeutet angesichts der Meldungen über weltweit beschleunigtes Artensterben eine besondere Herausforderung. Die neuesten Zahlen der Weltnaturschutz-Union sehen 16.306 Spezies als gefährdet an, darunter 70% aller erfassten Pflanzenarten. [WWF-Report 4/2007]. Allein in den letzten Jahren 2000 bis 2006 stieg die Zahl der bedrohten Pflanzenarten von 5.611 auf 87.390 [www.IUCNredlist.org].

Im Bereich des Obstbaus erfordert die Bewahrung der Biodiversität zum einen die Erhaltung der Sortenvielfalt im Bereich der Kultursorten, zum anderen aber auch die Bewahrung der Wildarten und der obstgeprägten Lebensraumgemeinschaften insbesondere der Streuobstwiesen, die als reich strukturierte Landschaftsräume mit über 5.000 Tier- und Pflanzenarten zu den artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas zählen.

Zur Erhaltung der Sortenvielfalt beim Obst benötigen wir zentrale und dezentrale Genbanken und Sortengärten - und zwar in viel höherem Maße als zur Zeit erkennbar.

Es wird zu wenig getan, um dem fortschreitenden Obst-Sortensterben entgegenzusteuern. Mit dem Absterben alter Obstbäume verlieren wir jeden Tag Apfel- / Birnen- / Kirschen- Mirabellen-Sorten, etc. In vielen Fällen wissen wir nicht einmal, was wir überhaupt verlieren.

Die alten Sorten sind jedoch ein Garant für genetische Diversität im Obstbau. Wir brauchen diese Diversität auch aus wirtschaftlichen Gründen. Denn "niemand kann heute vorhersagen, welche Eigenschaften (einer Sorte, Anm. d. Red.) plötzlich von Interesse sein können, wenn Schädlingskalamitäten auftreten, Klimaveränderungen zu verändertem Auftreten von Schadorganismen führen, die Ernährungsgewohnheiten sich ändern oder ähnliches". [Prof. Manfred Fischer, Genbank Obst, 2003]. Noch haben wir eine große Sortenvielfalt, aber sie ist in Gefahr.

Das vorhandene Genreservoir ist also unverzichtbare Grundlage für die Obstzüchtung.

 

Züchtungsmethoden

Die heute vorhandene Mannigfaltigkeit der Obstarten ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen: auf eine frühe Bastardisierung von Gattungen innerhalb der Rosengewächse, durch Ungleicherbigkeit (Heterozygotie) in den Erbanlagen (verstärkt durch Selbstunfruchtbarkeit), durch Mutationen und später durch bei Kreuzungen zufällig auftretende Vervielfachungen des Chromosomensatzes [Lucas "Anleitung zum Obstbau", 1992].

Die Vielzahl unserer Kultursorten - darunter auch viele regional angepasste Sorten - hat sich zunächst durch Auslese zumeist von Zufallssämlingen entwickelt. Seit mindestens 250 Jahren erfolgt ein internationaler Austausch von Sorten und damit genetischem Material. Gezielt gezüchtet wir seit dem 19. Jahrhundert.

Auch die Sorten, die wir heute als "alte" Sorten besitzen und erhalten müssten, sind als Zufallssämlinge oder als Ergebnis gezielter Züchtung entstanden. Selbstverständlich brauchen wir auch in Zukunft - gerade unter veränderten Umwelt- und Klimabedingungen - neue Entwicklungen bei den Kulturobstsorten. Die Frage stellt sich aber, welchen Weg wir dahin nehmen wollen.

Die klassischen Züchtung umfasst die bereits erwähnte Methode der Auslese und der Kombinationszüchtung . Ein bedeutsamer Bereich der Pflanzenzüchtung insbesondere im Gemüse- und Zierpflanzenbau ist die Hybridzüchtung. Auch bei der klassischen Züchtung bedient man sich inzwischen oft auch biotechnischer Verfahren, wie Zell- und Gewebekulturen.

Mit dem relativ neuen Verfahren der Protoplastenfusion, werden die Grenzen zur Gentechnik fließend, denn diese Methode ermöglicht die Rekombination von Erbinformationen über Barrieregrenzen hinweg, also einen Gentransfer zwischen Arten, die sich auf sexuellem Wege nicht miteinander verbinden könnten.

Bei der Weiterentwicklung der Sorten spielt inzwischen auch die Gentechnik eine immer größere Rolle. Unter Befürwortern und Gegnern der Gentechnik ist die Frage umstritten, ob die Gentechnik der Züchtung zugerechnet werden kann.

Mit Hilfe der Gentechnik werden im Labor Organismen produziert, indem - meist artübergreifend (transgen ) - Gene miteinander kombiniert werden, wie dies in freier Wildbahn oder bei konventioneller Züchtung niemals vorkäme. Es werden Kreuzungspartner zusammengebracht, die sich in der Natur nicht verbinden könnten.

Hier ein paar Beispiele für die Verwendung artfremder Gene:

  • Erbsen erhalten Mäusegene, um als Schweinefutter prophylaktisch gegen Durchfall zu wirken
  • Lachse erhalten Flundergene um kälteverträglicher zu werden - oder Menschengene um schneller zu wachsen
  • mit dem Gen EhHOG des Schimmelpilz Eurotium herbariorum aus dem Toten Meer soll Getreide für versalzte Böden entwickelt werden
  • ein pathogenes Protein der Seidenraupe (Ceropin) soll der Erzielung von Feuerbrandresistenz bei Kernobst dienen
  • ein Gen der Flunder wird bei Erdbeeren zur Erzielung von Kälteresistenz eingesetzt
  • Birkenpollengene sollen zur Blühverfrühung bei Äpfeln führen
  • ein Gen aus einem eigentlich unerwünschten pflanzenpathogenen Agro-Bakerium wird genutzt, um eine bessere Bewurzelung schwachwüchsiger Unterlagen zu erzielen.

Ein Teil der Gentechnik - die sogenannten Cisgenetik - beschäftigt sich mit der Neukombination von Genen innerhalb einer Art. So wird z.B. bei der Apfelzüchtung mit dem Einbau von Genen von Wildapfelarten experimentiert.

Zum Transport der fremden Erbinformationen (DNA) in die Zellen werden verschiedene Methoden benutzt, z.B.

  • Einschleusung der fremden DNA mittels des Bodenbakteriums Agrobacterium tumefaciens
  • Beschuss der zu verändernden Zellen mit Wolfram- oder Goldpartikeln, die mit der zu übertragenden DNA beschichtet sind.

Durch den Einsatz der Gentechnik entstehen neue genetische Konstrukte und in Folge neue Stoffverbindungen. Die Auswirkungen dieser neu geschaffenen Organismen auf Natur, Umwelt und die menschliche Gesundheit kennen wir nicht. Um diese zu ermitteln sind langjährige und aufwendige Forschungen erforderlich. Langzeituntersuchungen über die Auswirkungen dieser noch jungen Technik und ein Nachweis der Unbedenklichkeit des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen und des Verzehrs von gentechnisch veränderten Futter- und Lebensmitteln fehlen allerdings.

Um die erfolgreich durchgeführten Einschleusungen aufzuspüren und zu selektieren, ist es erforderlich, die genetisch veränderten Zellen in der Pflanze zu identifizieren und zu lokalisieren. Dazu werden u.a. Antibiotika als Marker eingesetzt. Dies wird für bedenklich gehalten, weil der Einsatz von Antibiotika gefährliche Resistenzen bewirken kann. Durch ihren viel zu häufigen Einsatz haben viele Antibiotika bereits ihre Wirkung verloren, und wir haben bereits heute immer öfter mit Erregern zu tun, die gegen die gängigen Antibiotika immun sind. Ärzte befürchten aus diesem Grund negative Auswirkungen für die Humanmedizin. Daher hat die WHO verlangt, keine Antibiotika mehr als Marker zu verwenden. In der EU wird empfohlen auf bestimmte Antibiotikaresistenzgene zu verzichten. Inzwischen sind bereits andere Markersysteme im Einsatz bzw. Gegenstand der Forschung (z.B. Herbizidresistenzgene oder optischen Marker). Auch werden sog. molekulare Scheren genutzt, um Markergene nach Beendigung ihrer Aufgabe aus den Genomen zu entfernen. Antibiotika-Marker spielen jedoch bei vielen alten gv-Produkten aber auch bei Neuzüchtungen, wie der gerade in den USA im Zulassungsverfahren befindlichen transgenen Pflaumensorte weiterhin eine Rolle.

 

Gentechnik im Obstbau

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit hat in den letzten Jahren die Gentechnik bei Forschung und Züchtung neuer Obstsorten Einzug gehalten.

Weltweit wird diesbezüglich an nahezu allen Obstarten geforscht - von Apfel, Birne, Cranberry bis Zitrone. In Deutschland liegt der Schwerpunkt derzeit noch bei der Forschung. Allerdings gab es von 1999 bis 2005 Freisetzungsversuche mit gentechnisch veränderten Weinreben in Franken und der Pfalz. Dieser wurde abgebrochen, weil die züchterischen Ziele des Versuchs nicht erreicht wurden. Im Jahr 2003 gab es einen Antrag des Instituts für Obstzüchtung Dresden-Pillnitz auf Freisetzung gentechnisch veränderter Apfelsorten, der vom Ministerium für Verbraucherschutz und Landwirtschaft (unter Ministerin Künast) nicht genehmigt wurde.

Zurzeit laufen sogenannte "Käfigversuche" mit gentechnisch veränderten Äpfeln in Pillnitz und bei Bad Lauchstädt nahe Halle/S.

Europa- und weltweit gab und gibt es bereits Hunderte von Freisetzungsversuchen mit gentechnisch veränderten Obstarten u.a. bei Pflaumen in Spanien und Tschechien, bei Birnen in der Schweiz, bei Erdbeeren in Italien und Spanien, bei Himbeeren und Kirschen in Italien, bei Wein in Südafrika und Australien, bei Zitrusfrüchten in Argentinien und Brasilien. Die meisten Freisetzungsversuche im Obstbau finden in den USA statt.

Erwerbsmäßig angebaut und im Handel befinden sich derzeit nur gentechnisch veränderte Papayas (gv-Papayas), für die es seit 1997 eine Marktzulassung in den USA und Kanada gibt. Der Anbau der transgenen Papayas erfolgt in Hawaii. In den USA läuft derzeit das Zulassungsverfahren für eine transgene virusresistente Pflaumensorte www.transgen.de/features .

 

Züchtungsziele der Gentechnik

Die Züchtungsziele der Gentechnik im Obstbau sind vielfältig, unterscheiden sich jedoch in den wesentlichen Punkten nicht von denen der klassischen Züchtung:

  • Erzeugung von pathogen-resistenten Sorten
    - Resistenzen gegen Krankheiten
    - Virusresistenz (z.B. scharkaresistente transgene Pflaumensorten)
    - Bakterienresistenz (z.B. feuerbrandresistente transgene Apfelsorten)
    - Pilzresistenz (z.B. schorfresistente cisgene Apfelsorten)
    - Nematodenresistenz (z.B. bei transgenen Walnüssen)
    - Resistenzen gegen Schädlinge (z.B. Bt-Konzept bei Äpfeln)
  • Herbizidresistenzen (z.B. bei transgenen Erdbeeren)
  • Reduktion von Pflanzenschutzmitteln
  • Reduktion von Allergenen (z.B. transgene Äpfel mit verändertem Polyphenolgehalt)
  • Verhinderung der Fortpflanzung von transgenen Sorten
  • Veränderte Fruchteigenschaften (Farbe, Geschmack, Zuckergehalt, Haltbarkeit)
  • Veränderte Produktionseigenschaften bzw. Verarbeitungsmöglichkeiten (z.B. bessere Filtrierbarkeit bei Wein)
  • verbesserte Lagereigenschaften
  • verbesserte Transporteigenschaften (z.B. bei transgenen Himbeeren)
  • früherer / höherer / regelmäßigerer Fruchtertrag
  • Kältetoleranz (z.B. bei transgenen Erdbeeren)
  • Trockentoleranz
  • Veränderung des Blühzeitpunktes / Blütenstimulierung (z.B. bei transgenen Äpfeln)
  • Beschleunigung der Reifung
  • Reifeverzögerung (u.a. bei transgenen Melonen)
  • Verkürzung der juvenilen Phase
  • Wurzelbildung (für Stecklingsvermehrung)

Wir möchten einige dieser Ziele im Einzelnen näher beleuchten:

  • Erzeugung von pathogen-resistenten Sorten - Resistenzen gegen Krankheiten
    Die Resistenzzüchtung zur Erzielung krankheits- und schädlingsfester Sorten ist eine wichtige Aufgabe. Hierbei sollte jedoch man bedenken, dass sich Resistenzen und ihre Durchbrechung durch die diversen Schaderreger in einem sich ständig fortentwickelnden Prozess befinden. Diesem Prozess unterliegen auch mit Mitteln der Gentechnik erzeugte Resistenzen, wie es sich an dem Beispiel einer gentechnisch erzeugten Scharka-Resistenz bei Pflaumen zeigt. Diese Scharka -Resistenz wurde bereits innerhalb weniger Jahre wieder durchbrochen [Gentechnik-Nachrichten Spezial 9/10 "Transgene Pflanzen im Obst- u. Weinbau", Öko-Institut, Okt. 2002]. Für einen vorhersehbar nur kurzen Erfolg sollte man nicht das Risiko eingehen, eine Technologie einzusetzen, deren Folgen und Nebenwirkungen derzeit nicht absehbar sind. Zur Erzielung der Feuerbrandresistenz wird mit einem Protein (Ceropin) der Seidenraupe experimentiert. Dieses Eiweiß ist stark umstritten, da es Zellen angreifen kann und einem auch in Bienengift enthaltenen Stoff sehr ähnlich ist. Auch in dem Einsatz solcher Stoffe sehen wir ein deutliches Risiko.
     
  • Erzeugung von pathogen-resistenten Sorten - Resistenzen gegen Schädlinge
    Bei Versuchen zur Schädlingsresistenz z.B. mit transgenen Äpfeln bedient man sich der bereits in vielen Ländern z.B. bei gentechnisch verändertem Mais oder Baumwolle im Anbau befindlichen Bt-Technik. Die transgenen Pflanzen tragen eine Sequenz des Boden-Bakteriens Bacillus thuringensis in sich und erzeugen so das Bt -Toxin, welches den Darmtrakt bestimmter Insekten (z.B. Frostspanner) zersetzt.
    Kritisch anzumerken ist aus unserer Sicht, dass das Toxin beispielsweise auch selektiv gegen Schmetterlingslarven wirkt, die sog. "Nichtzielorganismen" sind. Außerdem wird durch die starke Ausbreitung des Bt-Toxins z.B. eine Anreicherung des Giftstoffes im Boden mit unbekannten Wirkungen auf Bodenorganismen sowie die Förderung von Resistenzbildung befürchtet. Erste Resistenzen konnten in USA beim Baumwollkapselbohrer beobachtet werden [www.biosicherheit.de]. Eine Zunahme von Resistenzen dieser Art wäre insbesondere für den Ökolandbau eine Katastrophe, für den der selektive Einsatz von Bacillus thuringensis ein wichtiges Mittel gegen fressende Schadorganismen ist.
     
  • Herbizidresistenzen Die Gentechniker forschen u.a. bei Erdbeeren, Kirschen oder Esskastanien im Bereich der Herbizidresistenz. Diese eingesetzte Methode ist ebenfalls bereits aus dem Anbau von transgenem Mais, Raps oder Baumwolle bekannt. Die mittels Gentechnik gegen den jeweiligen Wirkstoff des mitverkauften Herbizids (z.B. RoundUp Ready oder Basta) resistent gemachten Pflanzen überleben die Herbizid-Spritzung mit diesem Mittel, wohingegen alle anderen Pflanzen auf dem Feld abgetötet werden. Hierzu möchten wir anmerken, dass es erste Anzeichen dafür gibt, dass sich bei Ackerbegleitkräutern Resistenzen gegen diese Herbizide entwickeln. So wird inzwischen beispielsweise in den USA und Australien vom Auftreten von Wildkräutern mit Resistenz gegen Glyphsoat (Wirkstoff des Totalherbizides RoundUp) berichtet. (z.B. bei Weidelgras (Lolium multiflorum und rigidum), Traubenkraut (Ambrosia artemisifolia und trifida), Fuschschwanz (Amaranthus rudis und palmeri) www.greenpeace.de/themen.de , www.weedscience.org .
     
  • Reduktion von Pflanzenschutzmitteln Für das Ziel eines verminderten Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln benötigt man keine Gentechnik. Billiger und vor allem viel effektiver im Sinne der Förderung der biologischen Vielfalt kann man dies beispielsweise erreichen, indem man standortangepasste Arten und robuste Sorten auswählt, auf die Anpflanzung von Monokulturen verzichtet, natürliche Gegenspieler fördert, etc. Zudem haben wir es - wie oben erwähnt - durch den Einsatz der an bestimmte herbizidresistente gv-Pflanzen gekoppelten Totalherbizide künftig mit neuen herbizidresistenten Wildkräutern zu tun. Um über diese sog. "Superunkräuter" überhaupt noch Herr zu werden, ist ein massiver Mehreinsatz verschiedener Pestizide erforderlich. Im Sinne der Biodiversität halten wir eine solche Entwicklung für keineswegs sinnvoll.
     
  • Reduktion von Allergenen Durch den Einsatz der Gentechnik soll die Zahl von Allergenen reduziert werden. So kann man zum Beispiel über die Verminderung von Fraßschäden den Befall mit Fusarien reduzieren. Gerade die Gentechnik erzeugt jedoch durch die Übertragung von artfremden Eiweißen und der entstehenden Neukombination von Genomen, neue Eiweiße, deren Wirkungsweise noch völlig unbekannt ist. Wie in diesem Zusammenhang von einer Reduzierung von Allergenen gesprochen werden kann, erschließt sich uns nicht. Das Gegenteil muss befürchtet werden.

Einige Ziele der GVO-Züchtung sind durch die Gentechnik selbst bedingt, wie z.B. die Entwicklung von Sterilitätskonzepten zur Reduzierung von Ausbreitungsrisiken, denn per Gentechnik einmal erworbene Eigenschaften können auf natürlichem Wege weitervererbt werden. Die Forscher arbeiten z.B. an der (Weiter-)Entwicklung von Pollensterilität, Parthenokarpie, Terminator-Technologie oder der Differentiellen Expression von Transgenen (nur in den gewünschten Pflanzenteilen).
Das heißt, um die unkontrollierte Ausbreitung von genetisch veränderten Pflanzen einzudämmen, sollen diese so gezüchtet werden, dass sie keine zeugungsfähigen Pollen oder Samen mehr ausbilden bzw. Pollen- und Fruchtstände keine gentechnisch veränderten Erbinformationen tragen.

Abgesehen davon, dass die gezüchtete Sterilität von Pflanzen in der Praxis nicht immer stabil bleibt, erscheint es uns generell fragwürdig, wenn eine Forschung, die eigentlich dem Ziel verschrieben ist, Leben voran zu bringen, sich die Sterilität und damit die Verhinderung von Vermehrung, d.h. von dauerhaftem Weiterleben zum Ziel setzt.

Übrigens: im Bereich der Feldfrüchte und Getreidesorten ist ein wesentlicher Grund für die Bestrebungen, die gv-Pflanzen unfruchtbar zu machen, weniger das Auskreuzungsrisiko, als vielmehr die Absicht, die Gewinnung von Saatgut zu verhindern. Auf diese Weise geraten Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion in ein Abhängigkeitsverhältnis gegenüber Agrarkonzernen wie Monsanto.

Bei einigen Zucht-Zielen der Gentechnik fragen wir uns, ob wir derartige Errungenschaften wirklich benötigen.

So ist es z.B. Dr. Abhaya Dandekar an der University of Californa in Davis, USA, 2006 durch gentechnische Eingriffe gelungen, einen Apfel zu produzieren, der fast nur noch halb soviel Kalorien enthält wie ein normaler Apfel. Soll hier dem Verbraucher suggeriert werden, dass man ausgerechnet bei der Obstart Apfel "Light-Produkte" benötige, um Fettleibigkeit zu verhindern?

Um zuckerarme Sorten zu produzieren, braucht man übrigens nicht in die Trick-Kiste der Gentechnik zu greifen. "Diätäpfel" gibt es bereits seit langem - auch ohne den Einsatz der Gentechnik: Apfelsorten wie "Gelber Edelapfel", "Fießers Erstling" oder viele weitere alte Sorten stehen dafür schon lange zur Verfügung, nur dass auf sie keine Patente und Lizenzgebühren erhoben werden können!

Denn Patente und vor allem die daraus resultierenden Patentgebühren, sind ein weiteres - aber nie in dieser Form offiziell vorgetragenes Ziel der Gentechnik und ganz sicher auch eins der wichtigsten Motive vieler Genforscher bzw. deren Auftraggeber. Per Gentechnik erzeugte Organismen werden patentiert. Das Patentrecht bei Pflanzen erstreckt sich auf das Saatgut, die daraus entstehenden Pflanzen, deren Nachkommen und Ernteprodukte, und ist somit viel weitreichender als der klassische Sortenschutz.

Dadurch kommt es auch zu so absurden Situationen, dass ein durch Verunreinigung durch benachbarte Gen-Äcker eigentlich geschädigter Landwirt, auf einmal zum Beklagten wird, da er durch die Verunreinigung im Besitz von patentiertem Gen-Material ist, ohne dafür bezahlt zu haben (bekanntestes Beispiel dafür ist Percy Schmeiser).

Bauern und Landwirte werden in hohem Maße von Saatgutherstellern abhängig, die durch ihr Patent regelmäßig hohe Einnahmen erwarten dürfen.

 

Gefahr der unkontrollierten Verbreitung

Einige Risiken der Gentechnik (wie z.B. neues Allergiepotenzial, Entstehung neuer Resistenzen, unkalkulierbare Effekte bei der Verwendung und Kombination artfremder Gene) sind hier bereits aufgezählt worden.

Jeder Züchtungsversuch hat die Markteinführung zum Ziel und jede für gut befundene Züchtung wird dem Markt zugeführt und geht ihren Weg in die (Massen)Produktion. Sind gentechnisch veränderte Obstgehölze erst einmal im Freiland-Anbau, stellt sich also die Frage, ob eine unkontrollierte Ausbreitung der hier verwendeten Genkombinationen in die Obstbestände der Umgebung bzw. in die Umwelt noch verhindert werden kann.

Bei allen durch Samen vermehrten Kulturpflanzen (z.B. Mais, Weizen, Raps, etc.) besteht die Bedrohung einer Verunreinigung mit gv-Pollen aus benachbarten gentechnisch veränderten Pflanzen ganz direkt. Pollenbestäubung durch Bienen und andere Insekten oder Wind lassen sich auch durch Sicherheitsabstände oder Schutz- bzw. Mantelpflanzungen nicht gänzlich vermeiden.

Bei (mehrjährigen) Obstgehölzen, welche durch Veredlung vermehrt werden, stellt sich die Situation etwas differenzierter dar. Auf der einen Seite ist der Bestand von Obstgehölzen in der Nachbarschaft gentechnisch veränderter Pflanzen nicht direkt gefährdet. Nicht der Streuobst-Apfelbaum selbst oder seine Fruchteigenschaften werden durch den Pollen benachbarter (womöglich gentechnisch veränderter) Apfelgehölze genetisch beeinflusst, sondern ausschließlich seine Samen. (Dies kann allerdings im Falle des Verzehrs von solchen Äpfeln mitsamt der Samen bei Allergikern zu unvorhersehbaren Reaktionen führen).

Die Gefahr einer unkontrollierten Ausbreitung von gentechnisch veränderten Organismen besteht im Obstbau vor allem durch den unkontrollierten Aufwuchs von Samen in der Landschaft, und zwar

  • durch den Aufwuchs von Sämlingen aus den Samen der gv-Pflanzen selbst
  • durch den Aufwuchs von Sämlingen mit gv-Pollen bestäubter Obstgehölze

Am Beispiel Apfel möchten wir einige der Ausbreitungsmöglichkeiten des gentechnisch veränderten Erbgutes aufzeigen:

Verbreitung von gentechnisch verändertem Pollen

  • durch Bienen, Hummeln und andere Insekten (Pollenübertragbarkeit vom Apfel ist bis mindestens 150 m möglich, Sammelflüge von Bienen sind bis 14 km nachgewiesen)
  • durch vorbeistreifende oder nektarsuchende Säugetiere, Vögel, Fledermäuse
  • durch Wind, Sturm (je nach Wetterlage und Luftschicht, in die die Pollen geraten, können das bis zu 100 km sein [www.biosicherheit.de/de/gehoelze98.doku.html, 03.12.07] (noch problematischer ist dies bei windbestäubenden Arten wie z.B. dem Schalenobst oder auch diversen Pflaumensorten)

Fazit: Transgene Pollen können über weite Entfernungen transportiert werden und Blüten bestäuben.

Verbreitung von gentechnisch veränderten Samen

  • durch das Herabfallen ungenutzter Früchte
  • durch Vögel, Kleinsäuger, etc.
  • durch Verbringung von Fruchtresten auf Tresterhalden
  • durch Trester in Vieh- + Wildfütterung
  • durch nach Verzehr weggeworfene Kerngehäuse oder ausgespuckte Fruchtsteine
  • durch Samenaussat von Wildapfelmischungen zur Sämlingsanzucht
  • durch gezieltes Einpflanzen von Samen (etwa durch Hobbygärtner oder gut gemeinten Schulaktionen wie "Wir säen unsern Pfirsichbaum")

Fazit: Transgene Samen können über weite Distanzen verfrachtet werden und dort keimen.

Bleibt das Risiko einer unkontrollierten Ausbreitung beispielsweise von gv-Apfelsamen bei einem Versuchsanbau zunächst auf die Umgebung der Obstanlage beschränkt, so steigt die Gefahr einer massenweisen und unkontrollierten Ausbreitung von gv-Samen in dem Moment, in dem eine gentechnisch veränderte Apfelsorte für den Markt, sprich für den Weltmarkt, angebaut wird (was das erklärte Ziel der Genforschung ist). Denn sobald eine gentechnisch veränderte Apfelsorte auf den Markt gelangt, werden ihre Samen von den Konsumenten nach dem Fruchtverzehr auf den Kompost, an den Straßenrand oder an andere Orte in die Landschaft verbracht - und das weltweit und unkontrollierbar.

Die aus weggeworfenen Kerngehäusen gekeimten Sämlinge unserer Marktapfelsorten sind bereits heute in großer Zahl an Landstraßen, Autobahnparkplätzen, Schienenwegen oder Tourismuszielen zu finden. Im Falle einer Markteinführung von gv-Apfelsorten wären diese Sämlinge dann gentechnisch verändert.

Diese Problematik haben durchaus auch Genforscher erkannt und arbeiten aus diesem Grund derzeit verstärkt an der bereits bei den Züchtungszielen erläuterten Sterilitätsforschung.

Verbreitung gentechnisch veränderter Sorten auf vegetativem Wege

  • durch Edelreiser (Saisonarbeiter, Besucher von Sortengärten, etc. nehmen - z.T. unerlaubt - Reiser mit)
  • durch Diebstahl von Pflanzware aus Baumschulen oder Anlagen

Fazit: Vegetative Verbreitungsmöglichkeiten transgener Sorten sind nicht kontrollierbar.

Die Ausbreitungswege sind vielfältig und ein Schutz vor Ausbreitung durch Pollen, durch Samen oder durch vegetatives Material ist völlig unmöglich.

Hierdurch ist ein massiver Eingriff auf Natur und Umwelt und auf die Biodiversität zu befürchten, der u.E. unbedingt vermieden werden muss.

 

Weitere Risiken der Gentechnik im Obstbau

Neben den schon bei den Züchtungszielen beschriebenen Problemen sowie der unkontrollierbaren Ausbreitung von gentechnisch verändertem Material sehen wir durch den Einsatz der Gentechnik im Obstbau auch noch weitere Risiken:

  • Die meisten Obstkulturen haben eine lange Lebensdauer - das genetische Material bleibt in der Umwelt also lange erhalten. Das Risiko einer Weiterverbreitung der fremden Gene hat demnach auch eine zeitliche Dimension Auch eine "lebenslange" Kontrolle des gentechnisch veränderten Materials in speziellen Plantagen / Baumschulen ist nicht gewährleistet. Was passiert z.B. bei Betriebsaufgaben viele Jahre nach Einführung von gv-Sorten? Die Bestände bleiben dann vermutlich sich selbst überlassen oder werden "gefleddert".
  • Kulturobstarten können nicht nur innerhalb der eigenen Art mit anderen Sorten, sondern sowohl mit verwandten Kulturarten, als auch Wildarten hybridisieren / bastardisieren. Dadurch erhöht sich die Gefahr einer Auskreuzung erheblich. So könnten beispielsweise transgene Pflaumen in verwandte Arten und Wildarten wie die in der Landschaft universell verbreitete Kirschpflaume oder die Schlehe auskreuzen, eine transgene Süßkirsche in die Wildkirsche unserer Wälder, usw.
  • Manche Gehölze, darunter auch einige Obstarten verfügen über Eigenschaften, sich vegetativ zu vermehren, so könnten z.B. transgene Brombeeren im wahrsten Sinne des Wortes schnell davonlaufen.
  • Viele Obstarten gehören zu den Gehölzen. Bei Versuchen mit transgenen Gehölzen, z.B. Zitterpappeln wurden bereits nach kurzer Zeit Instabilitäten festgestellt www.biosicherheit.de/features , 07.12.07.
  • Bei der Verwendung pollensteriler oder parthenokarpher transgener Sorten ist nicht sichergestellt, dass diese Eigenschaft der Unfruchtbarkeit und damit die mögliche Verhinderung von Auskreuzung durch Pollen oder Samen ein (Obstbaum-)Leben lang anhält. Bei transgenen Zitterpappeln wurden bezüglich der genetisch erzeugten Sterilität bereits nach kurzer Zeit Instabilitäten festgestellt www.biosicherheit .de/features .
  • Bei der Nutzung gentechnisch veränderter Unterlagen ist der Transport des Transgens bzw. seiner Eigenschaften in aufgepfropfte gentechnisch nicht veränderte Baumbereiche nicht auszuschließen [www.biosicherheit.de].
  • Die Auswirkungen von transgenen Pflanzen, die gegen bestimmte Schädlinge resistent sind, auf Nicht-Zielorganismen (z.B. unschädliche Verwandte der Zielorganismen, Nützlinge, Mykkorhiza-Pilze) sind bisher nicht ausreichend untersucht
  • Gentechnisch veränderte Organismen (wie z.B. bei der Weinbereitung eingesetzte transgene Starterhefen) haben z.T. selektive Vorteile gegenüber natürlich vorkommenden Mikroorganismen. Dies könnte negative Auswirkungen auf das Ökosystem haben
  • Bei der Transformation von Obstarten mit viralen Hüll-Proteinen ist es nicht ausgeschlossen, dass sich durch Neuzusammensetzungen unerwünschte oder gar bisher für die jeweilige Art unbekannte Viren einschleusen. In diesem Fall würde das gentechnische Experiment der Art sogar direkten Schaden zufügen
  • Die Auswirkung gentechnisch veränderter Nahrung auf Mensch, Tier, Pilze, Bakterien ist nicht hinreichend untersucht.
  • Die Anzahl der Kopien der durch Transformation eingeführten Gene kann nicht kontrolliert werden. Daraus können sich Probleme beim Dosis-Effekt des Genproduktes ergeben. [Koller B. & Gessler C. (1996)]

 

Keine Rückholbarkeit gentechnisch veränderter Erbinformationen.

Wenn die gentechnisch veränderten Organismen erst einmal in größerem Umfang im Freiland ausgebracht werden, sind sie jeglicher Kontrolle entzogen. Eine Auskreuzung oder Vermehrung von gentechnisch verändertem Erbgut kann nicht verhindert werden.

Auch Mantelpflanzungen oder die Festlegung von Abstandsflächen zwischen GVO-Flächen und konventionell oder biologisch bewirtschafteten Flächen eignen sich dafür nicht, denn sie dienen lediglich dafür "wesentliche" Einkreuzungen von gentechnisch verändertem Material zu verhindern.

"Unwesentliche" Einkreuzungen werden also hingenommen, was wir allerdings für nicht akzeptabel halten, da wir die Risiken als zu hoch und unkalkulierbar bewerten.

Gentechnisch erzeugte Erbinformation können sich also vielfältig ausbreiten.

Dass dem so ist, zeigt sich eindrücklich am Beispiel der Kulturpflanze "Soja". Gentechnisch verändertes Soja wird seit 1996 kommerziell genutzt. Auf über 60 % der weltweiten Soja-Anbauflächen wird inzwischen gentechnisch verändertes Soja angebaut. Durch unkontrollierte Ausbreitung aber auch gewollte und ungewollte Vermischung von Erntemengen und Saatgut kann inzwischen kaum noch GVO-freies Soja bezogen werden.

Selbst in Bio-Soja-Produkten wurden Gen-Verunreinigung festgestellt, was dort zwar nach neustem EU-Recht bis 0,9% zulässig ist, aber nach den Kriterien der meisten Bio-Anbauverbände überhaupt nicht der Fall sein dürfte [Öko-Test vom Oktober 2007].

Auch beim ebenfalls seit langem auf vielen Äckern der Welt zu findenden gv-Mais lassen sich solche Feststellungen treffen. So wurde von Wissenschaftlern in einem nie von gv-Mais-Anbau betroffenen Gebiet bei Wildmais-Arten gentechnisch verändertes Erbgut gefunden [http://www.biosicherheit.de/de/mais/auskreuzung/101.doku.html].

Eine Koexistenz von Gentechnik und konventionellem Anbau oder gar biologischem Anbau ist also nicht möglich.

 

Gentechnik - Gefahr für die Biodiversität

Neben der Zerstörung von Lebensräumen, der intensiven Nutzung von Landschaften und zunehmend auch dem Klimawandel und der Problematik invasiver Neophyten, halten wir den Einsatz der Gentechnik für einen der Faktoren, der auf die Biodiversität entscheidenden negativen Einfluss hat.

Aufgrund der Erfahrungen mit transgenen Pflanzen in der Landwirtschaft (Agro-Gentechnik), ist bereits jetzt erkennbar, dass gentechnisch veränderte Organismen Auswirkungen auf die Arten- und Sortenvielfalt haben.

Untersuchungen im Umfeld des Einsatzes von gentechnisch veränderten Pflanzen zeigen negative Auswirkungen auf den Artenbestand. So stellt eine FSE-Studie in Großbritannien (von 1999 und 2002) fest, dass der Anbau von herbizidresistenten gv-Raps Gräser fördert und Blühstauden reduziert. [http://www.biosicherheit.de/de/aktuell/320.doku.html, 03.12.07]

Gentechnisch veränderte Pflanzen werden insbesondere für den Einsatz in Monokulturen geschaffen. Monokulturen bedeuten Monotonie. Sie sind erwiesenermaßen ungünstig für die Sorten- und Artenvielfalt und begünstigen zudem das Auftreten von Schaderregern.

 

Alternativen

Wir sind der Auffassung, dass sich alle wichtigen Züchtungsziele im Obstbau auch mit den klassischen Züchtungsmethoden Auslese und Kombinationszüchtung erreichen lassen. Die Menschheit sollte sich zur Weiterentwicklung der Sorten dieser bekannten und bewährten Methoden bedienen und auf die risikobehaftete Gentechnik verzichten.

Für die Resistenzzüchtung und andere wichtige Zuchtziele stehen die vielen historischen Sorten mit ihren besonderen Eigenschaften als Züchtungspartner zur Verfügung. Bezüglich nahezu aller im Obstbau auftretenden Krankheits- und Schädlingsproblematiken finden sich (alte) Sorten mit zum Teil erstaunlichen und heutigen Erwerbsobstanbauern kaum noch bekannten Resistenzen.

Hier einige Beispiele aus dem Bereich der Apfelsorten:

  • Gegenüber dem Apfelschorf sind zahlreiche alte Sorten resistent oder weitgehend resistent (z.B. Seestermüher Zitronenapfel, Krügers Dickstiel, Jakob Fischer, Rote Sternrenette, Kardinal Bea, Luxemburger Triumph und viele andere)
  • gegenüber Obstbaumkrebs zeigen ebenfalls eine Vielzahl alter Sorten eine weitgehende Resistenz (z.B. Gravensteiner, Dülmener Rosenapfel, Rote Sternrenette, Krügers Dickstiel, Schöner aus Nordhausen, Luxemburger Triumph, Purpurroter Cousinot, Riesenboiken u.a.)
  • Auch gegenüber der in jüngster Zeit verstärkt auftretenden Blattfleckenkrankheit sind zahlreiche alte Sorten weitgehend unempfindlich (wie z.B. Krügers Dickstiel, Jakob Fischer, Martens Sämling, Luxemburger Triumpf u.v.m.), während von diesem Pilz vorzugsweise neue Sorten (wie z.B. Pinova, Rewena, Pilot) befallen werden.
  • Alte Sorten mit Mehltauresistenz gibt es ebenso wie solche, die nicht oder kaum von Blutläusen befallen werden. Auch von der Obstmade (Apfelwickler) werden nicht alle Sorten gleichermaßen befallen.
  • Dass zahlreiche alte Apfelsorten auch gegen die gefürchtete Feuerbrand-Bakteriose relativ resistent zu sein scheinen, hat man in Baden-Württemberg erst beobachten können, seit man von der Rodungspraxis früherer Jahrzehnte Abstand nahm. Man konnte feststellen, dass zahlreiche Sorten sich nach dem Befall von selbst regenerierten (im übrigen sind auch einige der aus Pillnitzer Züchtungen hervorgegangenen sog. Re-Sorten nicht nur schorf-, sondern auch feuerbrandresistent).
  • Selbst gegen Blattläuse ist manche alte Sorte (wie z.B. Johannes Böttner) resistent– bei den Sorten des modernen Erwerbsanbaus ist dies kaum vorstellbar
  • Die extrem spät blühenden alten Apfelsorten (z.B. Spätblühender Taffetapfel, Heslacher Gereutapfel, Roter Bellefleur oder der hessische Siebenschläfer) entgehen nicht nur den Spätfrösten zur Blütezeit, sondern auch den gefürchteten Frostspannerplagen und garantieren so einen Obstertrag auch in extremen Jahren.
  • Sorten wie z.B. Luxemburger Triumph können auch in extrem feuchten und kalten Raulagen noch angebaut werden (z.B. Höhenlagen der Mittelgebirge)

Auch in ihren Ertrags-, Lager- und Geschmackseigenschaften sowie hinsichtlich ihres Allergenpotenzials bieten alte Sorten wertvolle Alternativen für die züchterische Arbeit:

  • Massenträger findet man nicht nur bei den Abkömmlingen des Golden Delicious, sondern auch bei alten Sorten (z.B. Prinz Albrecht von Preußen, Seestermüher Zitronenapfel, Purpurroter Cousinot, Zuccalmaglio)
  • Gerade viele alte Sorten erweisen sich bei Menschen, die unter einer Apfelallergie leiden, als deutlich weniger symptomauslösend als die meisten der heutigen Marktsorten. Hervorzuheben sind hier z.B. die Sorten Prinz Albrecht von Preußen, Goldparmäne, Notarisapfel oder auch die (neuere) Sorte Alkmene.
  • Extrem lang lagern (auch im Naturlager) lassen sich alte Sorten wie Ontario, Roter Eiserapfel oder Weißer Winterglockenapfel.
  • Die Sorte Goldrenette Freiherr von Berlepsch enthält besonders viel Vitamin C
  • Der Gelbe Edelapfel oder die Sorte Fießers Erstling zeichnen sich (wie bereits erwähnt) aufgrund ihres geringen Zuckergehaltes als Diätobst aus.
  • Der Große Rheinische Bohnapfel und der Bittenfelder Sämling sind nicht nur zwei der geschmacklich wertvollsten Mostapfelsorten, sondern können auch noch Wochen nach der Ernte in der Mosterei gepresst und verarbeitet werden.

Darüber hinaus gibt es viele weitere Sorten mit diesen oder anderen Eigenschaften, die sich als besonders wertvoll erweisen und für züchterische Bearbeitung zur Verfügung stehen oder manchmal auch einfach nur neu entdeckt werden müssen.

Allerdings wäre es hier notwendig, die Praxis der DIN-Normen für Fruchtbeschaffenheiten zu überdenken. Denn diese verhindert den Marktzugang für manche alte Sorte.

In diesem Zusammenhang möchten wir auch darauf hinweisen, dass es gerade in Bezug auf die Bewahrung der genetischen Diversität wichtig wäre, sich bei der Züchtung wieder verstärkt auf alte Sorten zu besinnen, anstatt auf die immer gleichen Elternsorten Jonathan, Golden Delicious und Cox Orange zurückzugreifen. Diese drei "Stammeltern" der weltweiten Obstbauzüchtung sind mit ihrer Anfälligkeit für Schorf, Krebs, Mehltau und Läuse kein Musterbeispiel für eine gesunde robuste Eltergeneration. Genetische Eindimensionalität trifft auch für die weltweite Schorfresistenzzüchtung zu, die sich überwiegend auf einen einzigen Malus floribunda-Zuchtstamm stützt. Resistenzen, die sich auf diesen Stamm begründen, wurden bereits durchbrochen, wie das Beispiel der Apfelsorten Vanda oder Topaz zeigt.

Das Zeitproblem der herkömmlichen Züchtung, welches häufig als Begründung für gentechnische Versuche angeführt wird, lässt sich durch den Einsatz des Verfahrens des Smart Breeding (Selection with Markers and Advanced Reproductive Technologies) erheblich verkürzen. Mittels dieser markergestützten Präzisionsmethode können Eigenschaften im Vorfeld gezielt ausgewählt und die erfolgreiche Vererbung schnell überprüft werden.

Aber genau das angeführte Zeitproblem wirft eigentlich noch einen zusätzlichen Schatten auf die Gentechnik - wie können die Befürworter denn nach so kurzer Zeit der Forschung und Experimente wirklich sicher sein, dass von den mit Mitteln der Gentechnik erzielten meist artfremden Neukombinationen von Genomen keine Gefahren ausgehen werden?

Schließlich sollte nicht die Schnelligkeit der Erzeugung, sondern die Qualität des Produktes über die Markteinführung entscheiden.

Bei einer Beurteilung der Problematik der Nutzung von Gentechnik sollte auch der ethische Aspekt mit bedacht werden: Dürfen wir wirklich in dieser Form in die Natur eingreifen? Muss man wirklich immer all das machen, was technisch möglich ist? Dürfen wir wirklich in die Bausteine des Lebens eingreifen und diese durcheinander mischen - mit noch völlig unabsehbaren Folgen?

 

Fazit

Wir meinen

  • Die Risiken des Einsatzes von Gentechnik im Pflanzenbau sind nicht absehbar. Sie sind in jedem Falle höher zu bewerten als die Chancen. Dies umso mehr, als langfristige Studien völlig fehlen und bei langlebigen und viel Raum beanspruchenden Gehölzen, wie wir sie im Obstbau überwiegend finden, auch kaum realistisch vorstellbar sind
  • Die These, dass die Gentechnik eine Lösung für derzeitige und kommende ökologische, ökonomische und klimatische Herausforderungen darstelle, könnte sich angesichts der unkalkulierbaren Risiken in die Richtung umkehren, dass die Auswirkungen dieser Technologie die ökologischen und ökonomischen Herausforderungen noch verschärfen
  • Gentechnisch veränderte Pflanzen bedeuten eine Gefahr für die Arten- und Sortenvielfalt
  • Die Züchtungsziele im Obstbau sind mit den Mitteln der klassischen Züchtung erreichbar
  • Forschungsgelder, die bisher in Projekte zur Gen- und Sicherheitsforschung fließen, könnten im Sinne der Biodiversität viel wirkungsvoller eingesetzt werden
  • Umfragen in Deutschland und der EU zeigen immer wieder, dass die Bevölkerung gentechnisch veränderte Lebensmittel ablehnt. Gentechnikfreiheit bietet also einen einzigartigen Standort- und Marktvorteil - einen "unique selling point". Deutschland und die EU könnten sich mit dem Verzicht auf den Anbau und der Einfuhr von gentechnisch veränderten Produkten langfristig einen ökonomischen Vorteil verschaffen!

Wir fordern die Bundesregierung und die Europäische Union daher auf, ihr Bemühen um Biodiversität und die Umsetzung der UN-Übereinkommen über die biologische Vielfalt ernst zu nehmen und auf Gentechnik im Obstbau, aber auch bei anderen Gehölzen, im Zierpflanzenbau und in der Landwirtschaft zu verzichten.

Die Erlaubnis gentechnischer Versuche und Anwendungen bei Pflanzen muss auf den Bereich der Labore beschränkt werden. Eine Aussetzung im Freiland darf nicht mehr zugelassen werden. Bereits freigesetzte Bestände müssen vernichtet werden.

Die Bestimmungen über Grenzwerte für Verunreinigungen müssen geändert werden. Wer Grenzwerte festsetzt, nimmt eine schleichende Verunreinigung in Kauf. Wo "Gentechnik frei" drauf steht, muss auch zu 100 % gentechnikfrei drin sein.

Auch die Praxis der Einfuhr gentechnisch veränderter Produkte muss überdacht werden.

Angesichts der hohen Risiken, muss die Haftungsfrage (auch für bereits aufgetretene Schädigungen) eindeutig dem Verursacher zugerechnet werden.

Es darf sich im Bereich der Gentechnik nicht das wiederholen, was auf anderen wirtschaftlich bedeutsamen Feldern, wie z.B. der Kernenergie oder ganz aktuell der Bankenbranche bereits Realität geworden ist, dass nämlich Chancen - sprich Gewinne - den Unternehmen und Konzernen zugute kommen, Risiken oder Verluste aber sozialisiert, also von der Gemeinschaft getragen werden - und im Falle der Gentechnik zusätzlich auf Kosten von Natur, Umwelt und Biodiversität sowie der menschlichen Gesundheit.

Weilburg, den 21. Juni 2008

die VerfasserInnen (für die Arbeitsgruppe Gentechnik im Pomologen-Verein):
Martina Adams, Weilburg, Sabine Fortak, Königslutter, und Hans-Joachim Bannier, Bielefeld
mit Unterstützung von Dr. Bettina Orthmann, Darmstadt, und Dr. Eva Gelinsky, Göttingen

 

Weiterführende Informationen zum Thema:

www.agassessment.org 

www.bafz.de 

www.bienen-gentechnik.de

www.biogene.org

www.biosicherheit.de 

www.bvl.bund.de

www.gabi.de 

www.gentechnikfreie-regionen.de

www.genwirtschaft.de

www.greenpeace.de/themen/gentechnik

www.keine-gentechnik.de

www.no-patents-on-seeds.org

www.transgen.de

www.weedsience.org 

http://ec.europa.eu/food/food/biotechnology/index-de/htm 

Forschungsreport 1/2006

 

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